Macron triumphiert bei erster Runde der Parlamentswahl

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und seine Ehefrau Brigitte nach der Stimmabgabe in Le Touquet. Foto: Emmanuel Macron
Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und seine Ehefrau Brigitte nach der Stimmabgabe in Le Touquet. Foto: Emmanuel Macron

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron steuert bei der Parlamentswahl auf eine historische Mehrheit zu. Seine Partei La République en Marche und ihre Verbündeten gewannen den ersten Wahlgang am Sonntag mit mehr als 32 Prozent deutlich. Laut Meinungsforschern haben sie nun in der zweiten Runde am kommenden Wochenende die Aussicht auf mindestens 390 der 577 Sitze in der Nationalversammlung. Macron könnte sich damit bei seinen Reformen auf eine breitere Mehrheit stützen als alle seine Vorgänger seit Gründung der Fünften Republik 1958.

 

Das Institut Kantar Public-Onepoint hält sogar bis zu 440 Mandate für möglich. Grund dafür ist das französische Mehrheitswahlrecht. Ein Dämpfer ist allerdings die historisch schwache Wahlbeteiligung. Nur jeder zweite Wahlberechtigte ging zur Abstimmung. Vor fünf Jahren hatte die Beteiligung noch bei 57,2 Prozent gelegen.

 

Für die beiden traditionellen französischen Regierungsparteien ist das Ergebnis eine weitere herbe Schlappe. Die konservativen Republikaner kamen laut Hochrechnungen mit 21,0 bis 21,5 Prozent auf Platz zwei. Die Sozialisten von Macrons Amtsvorgänger François Hollande, die bislang in der ersten Parlamentskammer den Ton angaben, stürzten laut dem Institut Kantar Public-Onepoint sogar auf 7,8 Prozent ab. Sozialistenchef Jean-Christophe Cambadélis warnte bereits vor dem Fehlen einer Opposition im Parlament.

 

Macron hat seine erst vor gut einem Jahr gegründete Partei «weder rechts noch links» positioniert und damit die Grundlinien der französischen Politik umgepflügt. Er hatte eine Regierung mit Politikern aus mehreren Lagern ernannt, etwa die Hälfte der Macron-Kandidaten sind neu in der Politik.

 

Der 39-Jährige war Anfang Mai als jüngster französischer Präsident aller Zeiten gewählt worden. Falls er die nötige Unterstützung der Nationalversammlung hat, will er noch vor dem Sommer ein neues Anti-Terror-Gesetz und eine umstrittene Lockerung des Arbeitsrechts auf den Weg bringen.

 

Einen herben Rückschlag erlitt die Rechtspopulistin Marine Le Pen. Ihre Partei kam auf 13,5 bis 14 Prozent und dürfte wieder nicht in der Lage sein, eine Fraktion zu bilden, zu der mindestens 15 Abgeordnete nötig sind. Le Pen hatte bei der Präsidentenwahl im ersten Wahlgang 21,3 Prozent erhalten und war damit in die Stichwahl gegen Macron gekommen.

 

Auch die Linkspartei La France Insoumise von Jean-Luc Mélenchon schnitt mit 11 Prozent schlechter ab als erhofft. Sie konnte sich damit aber vor die Sozialisten schieben.

 

Das Mehrheitswahlrecht mit zwei Wahlgängen macht es kleinen Parteien in Frankreich schwer, Abgeordnetensitze zu erobern. Gewählt sind nur die Kandidaten, die in ihrem Wahlkreis am Ende vorne liegen. Die Stimmen für die jeweils unterlegenen Kandidaten werden somit bei der Sitzverteilung im Parlament nicht berücksichtigt.

 

In den meisten der 577 Wahlkreise fällt die Entscheidung erst in Stichwahlen am kommenden Sonntag. Um bereits im ersten Wahlgang gewählt zu werden, braucht ein Kandidat eine absolute Mehrheit in seinem Wahlkreis. Das schaffen nur die wenigsten.

 

Macrons Gegner äußerten sich besorgt über die niedrige Wahlbeteiligung. Mélenchon wertete sie als Zeichen, dass es keine Mehrheit im Land für den Reformkurs des Präsidenten beim Arbeitsrecht gebe. «Trotz der Enthaltung ist die Botschaft klar», argumentierte dagegen Macrons Premierminister Edouard Philippe.

 

Auch bei einer klaren Mehrheit in der Nationalversammlung würde Macrons Lager nicht das ganze Parlament dominieren. Im Senat als zweiter Kammer hat die bürgerliche Rechte die Mehrheit. Die Senatoren reden bei der Verabschiedung von Gesetzen ebenfalls mit - allerdings sitzt die Nationalversammlung letztlich am längeren Hebel, wenn die beiden Kammern sich nicht auf einen Kompromiss einigen können. (DPA)