Das Land Baden-Württemberg will mit der Automobilindustrie in einer strategischen Partnerschaft die Zeitenwende hin zur Elektromobilität angehen. «Es steht viel auf dem Spiel», sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Freitag nach einem Treffen mit Akteuren der Industrie in Stuttgart. Der Automobilstandort Baden-Württemberg müsse seine Vorreiterrolle behaupten und auch Arbeitsplätze im Land halten, sagte Kretschmann.
«Wir müssen schnell und zielführend sein», betonte der Grünen-Politiker. «Der Wandel vollzieht sich in rasendem Tempo.» Politik und Industrie hätten nun einen gemeinsamen Dialog angestoßen, der dauerhaft sein soll.
Daimler-Chef Dieter Zetsche sprach nach den mehrstündigen Treffen von Chancen, die miteinander angegangen werden müssten. «Autobauen ist ein Mannschaftssport», sagte Zetsche. Der Wandel gehe weit über neue Antriebe hinaus. Autonomes Fahren und digitale Vernetzung seien die Aufgaben für die Zukunft. Allein bei Daimler würden zehn Milliarden Euro in den Ausbau der Elektroflotte investiert.
Auch Vertreter des Automobilzulieferers Bosch und des Sportwagenherstellers Porsche sprachen von großen Herausforderungen für die Zukunft. Sie kündigten an, den Transformationsprozess aktiv zu gestalten. In einer Welt neuer Mobilität würden Auto, Bus, Bahn und Bike künftig nahtlos miteinander vernetzt und einfach buchbar sein, sagte Bosch-Chef Volkmar Denner. «Wir wollen Mobilität hier in Baden-Württemberg neu denken», sagte er.
Für die Elektromobilität seien verlässliche Rahmenbedingungen nötig, sagte der stellvertretende Vorstandschef der Porsche AG, Lutz Meschke. Notwendig seien etwa ein leistungsfähiges und nachhaltiges Stromnetz sowie der Aufbau einer Schnellladeinfrastruktur. Regierungschef Kretschmann und die Automobilbosse betonten, dass der Dialog langfristig angelegt sei. Noch für eine längere Zeit würden Verbrennungsmotoren und Elektroantriebe nebeneinander existieren.
Auf Landesebene hat sich nach Darstellung der Regierung eine Taskforce - eine interministerielle Arbeitsgruppe - gebildet. Diese soll auf höchster Entscheidungsebene Aktivitäten der Ministerien für Verkehr, Wirtschaft, Wissenschaft, Umwelt und Digitalisierung bündeln und abstimmen. Zentrale Schaltstelle ist das Staatsministerium. So etwas habe es für dieses Gebiet im Südwesten noch nie gegeben, sagte Kretschmann. Das Reizthema der Branche - die in Stuttgart für 2018 erstmals geplanten Fahrverbote für alte Diesel - blieb außen vor.
Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), die ebenfalls dabei ist, betonte jüngst, dass ihr Haus bereits mit der Branche im Dialog stehe. Sie will den Strukturwandel der Branche mit einem Transformationsbeirat begleiten. Den Dialog mit der Industrie hat die Landesregierung allerdings schon in der vorherigen Legislaturperiode gestartet: Hoffmeister-Krauts Vorgänger im Amt, Nils Schmid (SPD), hatte ähnliche Gespräche geführt und 2012 selbst einen «Automobildialog» angestoßen - bevor Kretschmann das Thema nun in größerem Maßstab mit hochrangiger Besetzung zur Chefsache machte. (DPA/LSW)