Gewerkschaften: Gegen Rechtspopulisten und für Europa

IG-Metall-Chef Jörg Hofmann. Foto: Alexander Heinl/Archiv
IG-Metall-Chef Jörg Hofmann. Foto: Alexander Heinl/Archiv

Die Gewerkschaften haben sich zum Tag der Arbeit in zahlreichen Veranstaltungen für die Bekämpfung prekärer Beschäftigung, Verbesserungen bei der gesetzlichen Rente, Stärkung der Demokratie und gegen Rechtspopulismus stark gemacht. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann sagte in Stuttgart vor rund 2500 Zuhörern laut Redetext: «In einer Stadt, in der 44 Prozent der Mitbürger einen Migrationshintergrund haben, verlangt gesellschaftliches Miteinander, gesellschaftlicher Zusammenhalt eine klare Botschaft:

Hier gibt es keinen Platz für Nationalismus und Rassismus.»

 

Eine Spaltung der Gesellschaft in Gewinner und Verlierer böte den Nährboden für Populisten. «Wir sehen doch auf der ganzen Welt, was passiert, wenn Angst, Unordnung und Ungerechtigkeit ganze Nationen in zwei Lager spalten: Großbritannien - wo eine knappe Mehrheit der Menschen den Brexit wählte. USA - gespalten durch einen Super-Milliardär, der mit Protektionismus und Sozialabbau die Gesellschaft auseinander treibt», betonte Hofmann. Er verwies auch auf die Stichwahl in Frankreich am kommenden Sonntag. Dort sei noch nichts entschieden, weil «Europaskepsis am rechten und linken Rand des Spektrums gegen einen politischen Newcomer steht.»

 

Angst gebe es bis in die Mitte der Gesellschaft hinein, sagte Hofmann. «Auch wenn uns das nicht schmeckt: Es gibt auch Gewerkschaftsmitglieder, die glauben, die AfD sei eine wählbare Alternative.» Hetze gegen Menschen, die aus Krieg und Elend flüchten müssten und gegen Bürger muslimischen Glaubens verurteilte Hofmann «aufs Schärfste.»

 

Landesweit gingen nach Angaben des Gewerkschaftsbundes rund 21 000 Menschen bei Nieselregen auf die Straße. Im ganzen Land fanden 41 Kundgebungen statt. Insgesamt hatte der DGB 46 Veranstaltungen rund um den 1. Mai, also auch schon vor dem Tag der Arbeit, ausgerichtet. Die Veranstaltungen verliefen laut Polizei ohne Probleme. «Bildung für alle ist wichtig, egal ob für Deutsche oder Migranten. Die Bildung nimmt Ängste, beispielsweise vor dem Islam», sagte die Demonstrantin Martha Aparicio bei der Kundgebung in Stuttgart. Der Kundgebungsteilnehmer Ulf Pigalk sieht ein großes Problem in Teilzeitjobs: «Mehr Arbeitsplätze in Vollzeit wären wichtig. Von Teilzeit kann keiner leben.»

 

«Die Arbeitswelt sieht schrecklich aus. Die Vorstände stecken sich das Geld in die Tasche und die Arbeitnehmer müssen mehr arbeiten», äußerte Kundgebungsteilnehmer Matthias Ix seinen Unmut. Bekannte von ihm seien mit 50 Jahren arbeitslos und fänden keine Arbeit mehr. Gleichzeitig werde von Fachkräftemangel gesprochen. «Diese Ungerechtigkeit kotzt mich an», sagte Ix.

 

Der DGB-Landesvorsitzende Martin Kunzmann setzte sich für eine Stärkung der Demokratie, Teilhabe aller Menschen an Bildung, bezahlbarer Wohnraum, gute Integration sowie ein solidarisches, soziales Europa ein. «Europa ist zu wertvoll, um es den Populisten und Nationalisten zu überlassen», sagte Kunzmann laut einem Redetext in Ulm vor rund 3000 Zuhörern. Mit Blick auf Rechtspopulisten und Rechtsextreme meinte er: «Nach oben schimpfen und nach unten treten - das ist keine Politik. Das ist nur feige und gemein.»

 

Der Bezirksleiter der IG-Metall Baden-Württemberg, Roman Zitzelsberger, sprach in Tuttlingen das Thema Politik- und Parteienverdrossenheit an. «Insbesondere das AfD-Gerede von den sogenannten «Systemparteien» ertrage ich kaum.» Die AfD wolle nach der Entmachtung der Parteien «den Rechtsstaat und die Gewaltenteilung wiederherstellen». «Wahrscheinlich nach Modell des Parteifreundes Viktor Orban? Der dafür gesorgt hat, dass in Ungarn Flüchtlinge inzwischen so behandelt werden, dass die in Sachen Abschiebung nicht mehr zimperlichen Bundesländer niemanden dorthin zurückschicken.» Die Gewerkschaften stünden ohne Wenn und Aber zum Recht auf Asyl. «Wir sehen eine moralische Verpflichtung aller EU Staaten, Menschen in Not aufzunehmen.»

 

Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberdachverbands, Peer-Michael Dick, warnte davor, die Beschäftigungsverhältnisse ständig als «prekär» zu verteufeln: «Gerade solche Instrumente haben den Unternehmen die notwendige Flexibilität gegeben, um wieder Arbeitsplätze zu schaffen.» (DPA/LSW)