Die energetische Sanierung umsetzen

Wo anfangen bei einer energetischen Sanierung? Bietet es sich etwa an, zuerst die Kellerdecke zu dämmen? Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
Wo anfangen bei einer energetischen Sanierung? Bietet es sich etwa an, zuerst die Kellerdecke zu dämmen? Foto: Klaus-Dietmar Gabbert

Frankfurt/Main (dpa/tmn) – Bis zu 150 000 Euro kostet es, ein altes Haus komplett auf den neuesten Energiestandard zu bringen. Das können sich die wenigsten auf einmal leisten. Wer eine energetische Sanierung plant, will daher so effizient wie möglich vorgehen: Wovon habe ich am ehesten direkten Nutzen? Was sollte ich als Erstes umsetzen, was kann warten? Ein paar Antworten: Kann ich die Sanierungsschritte aufspalten?

 

 

Möglich ist das. Nicht alles muss in einem Zug erledigt werden, erläutert Hermann Dannecker, Vorstand des Deutschen Energieberater-Netzwerks in Frankfurt am Main. Die Sanierung kann sogar über mehrere Jahre gestreckt werden.

 

Was zählt alles zur energetischen Sanierung?

Für Dannecker gibt es fünf Themenkreise, die bei energetischen Sanierungen regelmäßig eine Rolle spielen. «Eine veraltete Heizung, undichte Fenster, schlecht gedämmte Dächer und Fassaden sowie ungedämmte Kellerdecken sind die größten Energiefresser in alten Häusern», erklärt er.

 

Was ist als Erstes dran?

«Oft haben Hausbesitzer schon im Gefühl, was bei ihrem Haus nicht stimmt. Sie merken, dass die Heizung schwächelt oder es an den Fenstern zieht», berichtet Dannecker. Und letztlich gibt das auch vor, wie die energetische Sanierung umgesetzt wird. Denn für die Praxis gilt meist: «Einen optimalen Fahrplan für die energetische Sanierung gibt es nicht», sagt Ulrich Tschorn, Geschäftsführer des Verbands Fenster + Fassade in Frankfurt am Main. «Jeder sollte dort beginnen, wo etwas kaputt oder verschlissen ist. Bei dem einen ist es die Heizung, beim nächsten sind es die Fenster, das Dach oder die Haustür.» Und das hängt von der Nutzung und dem Lebensalter der Immobilie ab. Denn die im Gebäude verbauten Anlagen und Bauteile haben eine unterschiedliche Nutzungsdauer und entsprechend verschieden sind die Modernisierungszyklen.

 

Nur mal angenommen: Ich habe das Geld, ich will mich für die Zukunft rüsten und mein Haus leidet unter keinem besonderen Verschleiß. Gibt es dann ein Optimal-Konzept zur Reihenfolge?

Wenn möglich, sollte die Sanierung von außen nach innen geschehen. «Zuerst die Gebäudehülle dämmen, dann die Heizung auswählen», rät Dannecker. «Eine gute Dämmung verringert den Energiebedarf, so dass die Heizung am Ende viel kleiner ausfallen kann.» Wer umgekehrt vorgeht und erst die Heizung erneuert, muss weiterhin ein Haus beheizen, das energieintensiv ist. «Und wenn es dann irgendwann vollständig saniert ist, ist die neue Heizung viel zu groß.»

 

Allerdings rät Tschorn, eine Sanierungsmaßnahme nur dann anzugehen, wenn es einen weiteren Grund als nur die energetische Verbesserung gibt. Bei Fenstern kann das zum Beispiel der Wunsch nach einem besseren Einbruch- oder Sonnenschutz sein. Energieberater Dannecker empfiehlt auch, sich nicht von Lockmitteln des Staates verleiten zu lassen: «Bauherren sollten erst ihren Bedarf ermitteln und dann über Fördermittel nachdenken, nicht umgekehrt.» Viele Bauherren verbinden die energetische Sanierung auch mit Umbauten an ihrem Haus, zum Beispiel mit einem Wintergarten oder dem Ausbau des Dachgeschosses. «Solche baulichen Veränderungen wirken sich auf die Bauphysik aus und müssen von Anfang an ins energetische Konzept einbezogen werden», sagt Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren in Berlin.

 

Warum braucht es ein energetisches Gesamtkonzept?

Ist ein Schwachpunkt am Haus ausgemacht, reicht es oftmals nicht, nur ihn allein zu beseitigen. «Jede Veränderung an der Heizung oder der Gebäudehülle kann die energetische Situation aus dem Gleichgewicht bringen», erläutert Tschorn. «Zum Beispiel müssen immer die Fenster und die lichtundurchlässigen Teile der Außenwände gemeinsam betrachtet werden.» So passt nicht jedes Fenster in jede Wand und auch nicht an jede Position in der Wand.

 

Grundsätzlich gilt zum Beispiel auch: Das Fenster sollte nicht besser sein als die Wand. «Gute Fenster haben kaum Wärmeverluste und sind unter Berücksichtigung der solaren Zugewinne heute teilweise wärmer als eine Wand», erläutert Tschorn das Problem. «Werden solche Fenster in schlecht gedämmte Wände eingebaut, ohne die Einbausituation genauer zu untersuchen, kann es Probleme geben. Dann schlägt sich die Feuchtigkeit an der schwächsten Stelle nieder, und es können Schäden entstehen.» Energieberater Dannecker ergänzt: «Wichtig ist, gewisse Schnittstellen zu beachten - zum Beispiel die Übergänge vom Dach zur Fassade oder von den Fenstern zur Außenwand. Sie sollten für künftige Sanierungsschritte schon vorbereitet werden. Dann hält sich der Aufwand später in Grenzen.»

 

Das klingt kompliziert. Wie erfahre ich, was meinem Haus am ehesten aus energieeffizienter Sicht fehlt und was ich alles bedenken muss?

Hier bietet sich die Hilfe eines unabhängigen Energieberaters an. Er muss zum Beispiel für eine KfW-Förderung eh konsultiert werden, denn die Hausbank verlangt zur Prüfung der Förderfähigkeit seinen Kostenvoranschlag. So ein Berater erstellt ein Gutachten mit Daten über den Energieverbrauch des Hauses und eine Übersicht, wo die meiste Energie verloren geht. Basierend darauf macht er Vorschläge, was sofort verändert und was möglicherweise für die nächsten Jahre geplant werden sollte. Außerdem berät ein Energieexperte zur Finanzierung der Sanierung, den gesetzlichen Vorgaben und die Inanspruchnahme von Fördermitteln.

 

Welche Vorgaben muss ich einhalten?

«Werden neue Fenster eingebaut, müssen sie die Anforderungen der aktuellen Energieeinsparverordnung erfüllen, ebenso die Fassadendämmung, die Dämmung des Dachs», erklärt Reinhold-Postina. «Auch die neue Heizung muss geltende Normen erfüllen. Denn der Gesetzgeber will erreichen, dass die Sanierung auch wirklich messbare energetische Effekte bringt.» Für staatliche Fördermittel müssen sogar noch höhere Standards erfüllt werden als die der Verordnung. (DPA/TMN)