Leipziger Buchmesse warnt vor Angriffen auf Meinungsfreiheit

Knapp 2500 Aussteller aus 43 Ländern sind auf der Leipziger Buchmesse vertreten. Foto: Hendrik Schmidt
Knapp 2500 Aussteller aus 43 Ländern sind auf der Leipziger Buchmesse vertreten. Foto: Hendrik Schmidt

Zum Auftakt der Leipziger Buchmesse haben führende Branchenvertreter vor Einschränkungen der Meinungsfreiheit in aller Welt gewarnt. Nicht nur in der Türkei, auch in Osteuropa und zunehmend in den USA zeigten sich bedenkliche Entwicklungen, sagte der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Heinrich Riethmüller, am Mittwoch bei der Eröffnungsveranstaltung im Leipziger Gewandhaus.

 

«Wir appellieren an die politischen Entscheider, Meinungsfreiheit in solchen Ländern einzufordern und sie nicht zum Verhandlungsgegenstand zu machen», so Riethmüller. «Und wir sind gefragt, die Meinungs- und Pressefreiheit selbst zu verteidigen, täglich und unablässig, denn sie ist die Grundlage unserer Arbeit, unserer Gesellschaft, unserer Demokratie.»

 

Bei dem Festakt wurde der französische Autor Mathias Énard (45) für seinen jüngsten Roman «Kompass» mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung geehrt. «In einer Welt, in der sich Orient und Okzident zunehmend in einer Schockstarre aus Feindseligkeit, Angst, aus Drohung und Gegendrohung gegenüberstehen, schenkt er den Lesern einen von großer menschlicher Anteilnahme geprägten Einblick in den arabischen Kulturraum», befand die Jury.

 

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) rief dazu auf, die europäische Idee aktiv zu verteidigen. «Reden wir unser Europa nicht schlecht», sagte er. «Schützen und erhalten wir seine Errungenschaften.»

 

Riethmüller beklagte auch Gefahren für die Meinungsvielfalt in Deutschland. Verlage und Schriftsteller würden durch das Urheberrecht seit Jahren systematisch benachteiligt. «Wenn geistige Arbeit nicht mehr honoriert wird, wenn Autorinnen und Autoren nicht mehr angemessen für ihre Arbeit bezahlt werden, (...) wird das dramatische Auswirkungen auf die Publikationsvielfalt haben», sagte er.

 

Dennoch geht die Branche optimistisch in den Bücherfrühling. Das Jahr 2016 sei mit einem Umsatzplus von 0,8 Prozent (2015: knapp 9,2 Milliarden Euro) positiv verlaufen, sagte Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, vor der Eröffnung. Die Buchbranche habe die digitale Herausforderung bewältigt. «Wir können Buch - und zwar in jeder Ausformung.»

 

Im Buchmarkt konnten laut Skipis vor allem die Kinder- und Jugendbücher zulegen. Einige Bestseller hätten zu einem Umsatzplus von 9 Prozent beigetragen. Auch die Reiseliteratur erzielte einen kleinen Zuwachs von 0,2 Prozent. Belletristik (minus 0,5 Prozent), Sachbücher (minus 2,7 Prozent) und Ratgeber (minus 0,1 Prozent) büßten dagegen Umsatz ein.

 

Einen «kleinen Wermutstropfen» gebe es bei den stationären Buchhandlungen, sagte Skipis. Sie setzten voriges Jahr 1,3 Prozent weniger um - und in den ersten Monaten dieses Jahres sei die Entwicklung noch etwas schlechter. Es gingen immer weniger Menschen in Geschäfte. Die Kommunalpolitik müsse dafür sorgen, dass Innenstädte attraktiv, erreichbar und vor allem auch bezahlbar bleiben, forderte Skipis.

 

Auf der Buchmesse sind bis zum Sonntag die Neuheiten der Verlagsbranche zu sehen. Mit fast 2500 Ausstellern aus 43 Ländern hat das Interesse nochmals zugenommen (2015: 2250). Zur Messe und dem zeitgleichen Festival «Leipzig liest» werden mehr als eine Viertelmillion Besucher erwartet.

 

Schwerpunktland ist dieses Jahr Litauen. Die stellvertretende Kulturministerin Gintauté Zemaityté stellte die Literatur ihres Heimatlandes als durch eine schwere Geschichte geprägt vor. Oft gehe es um schmerzhafte Entscheidungen zwischen dem eigenen privaten Glück und dem notwendigen gesellschaftlichen Engagement, sagte sie. Nach einem besonderen Schwerpunkt auf Poesie und Kurzgeschichten entwickele sich inzwischen auch der Roman sehr stark. (DPA)