Röttgen vor Treffen Merkel-Trump: US-Rückzug stärkt China

CDU-Außenexperte Norbert Röttgen: «Auf einen amerikanischen Rückzug wird Peking eine geostrategische Antwort geben - und das ist eine chinesische Offensive.» Foto: Soeren Stache/Archiv
CDU-Außenexperte Norbert Röttgen: «Auf einen amerikanischen Rückzug wird Peking eine geostrategische Antwort geben - und das ist eine chinesische Offensive.» Foto: Soeren Stache/Archiv

Der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen hat vor weitreichenden Folgen einer außen- und handelspolitischen Abschottung der Vereinigten Staaten gewarnt. «Auf einen amerikanischen Rückzug wird Peking eine geostrategische Antwort geben - und das ist eine chinesische Offensive», erklärte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag vor dem Treffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Trump an diesem Dienstag.

Eine stärkere Annäherung an China sei für Deutschland im Gegenzug aber «kein Ersatz für die Partnerschaft mit den USA - weder sicherheits-, noch außen-, noch wirtschaftspolitisch», sagte Röttgen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

 

Während Röttgen vom Besuch Merkels bei Trump eine Bekräftigung des transatlantischen Bündnisses und der Zusammenarbeit in der Nato erwartet, rechnet er in der Handelspolitik mit wenig konkreten Ergebnissen. Zugleich begrüßte er die Washington-Reise der Kanzlerin als «gutes Zeichen unseres Interesses» und als Chance, «eine persönliche Basis für die künftige Zusammenarbeit zu legen».

 

Die neue US-Regierung verkünde offen, dass sie den weltweiten chinesischen Einfluss umfassend zurückdrängen wolle, sagte Röttgen. Wenn sich die Trump-Administration aber gleichzeitig aus dem freien Welthandel zurückziehen wolle, «drängt sie China gerade dazu, die bisherige Führungsrolle der USA zu übernehmen». Er ergänzte: «Das ist ein offensichtlicher Widerspruch in der amerikanischen Politik.» Die Aufkündigung des transpazifischen Freihandelsabkommens TPP durch die USA habe China unmittelbar gestärkt.

 

Ein US-Rückzug aus der internationalen Freihandelspolitik «würde den Westen insgesamt schwächen und China stärken», warnte Röttgen. Für die Bundesrepublik sei es aber keine Möglichkeit, sich handelspolitisch stärker China statt den USA anzuschließen. Ungeachtet dessen wolle Deutschland seine hervorragenden Kontakte nach Peking behalten und ausbauen.

 

Röttgen hielt der US-Regierung vor, in der Handelspolitik zwar einer einheitlichen Linie nach dem Motto «Wir werden unfair behandelt - da müsst ihr Euch ändern» zu folgen. Zugleich gebe es aber noch kein Konzept für deren Umsetzung. «Der Kern des Problems ist ja die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit weiter Teile der US-Industrie», sagte der CDU-Politiker. Aus US-Sicht gebe es «ein deutsches Qualitäts- und kein deutsches Dumping-Problem» in den Handelsbeziehungen. Eine Lösung sei hier auf amerikanischer Seite nicht in Sicht.

 

In der Außenpolitik rechnet Röttgen damit, dass Trump wie Merkel sich für eine intensivere transatlantische Zusammenarbeit aussprechen und die Zusammenarbeit in der Nato bekräftigen werden. «Beide Seiten werden sich wohl angesichts der sich verschärfenden Lage dazu bekennen, mehr für die internationale Sicherheit zu tun.» Die Kanzlerin werde voraussichtlich ihre Zusage bekräftigen, dass Deutschland und Europa mehr für die eigene Sicherheit tun müssten. «Und das ist auch fair», sagte Röttgen.

 

Auch im Umgang mit Moskau werde Merkel für Kontinuität werben, glaubt Röttgen: «Und das heißt vor allen Dingen, für eine einheitliche Positionierung gegenüber Russland, die von Offenheit geprägt ist, aber auch davon, Völkerrechtsverletzungen nicht zu akzeptieren.» (DPA)