Antisemitismus-Debatte holt AfD in Baden-Württemberg ein

Der Landtagsabegordnete Stefan Räpple (AfD) sitzt im Plenarsaal. Foto: Marijan Murat/Archiv
Der Landtagsabegordnete Stefan Räpple (AfD) sitzt im Plenarsaal. Foto: Marijan Murat/Archiv

AfD-Bundeschef Jörg Meuthen sieht sich wegen des Umgangs mit dem Thema Antisemitismus in der baden-württembergischen Landtagsfraktion erneut heftiger Kritik ausgesetzt. Meuthen, zugleich Fraktionschef in Stuttgart, räumte ein, dass ein Abgeordneter bei der Fusion der AfD und der abgespaltenen ABW im Oktober eine Präambel zur Abgrenzung von Antisemitismus und Rassismus und somit den Zusammenführungsvertrag nicht unterschrieben hat.

Meuthen bestätigte am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart einen Bericht der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» («FAZ»). Bei dem Abgeordneten handelt es sich um Stefan Räpple, der zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen war.

 

Meuthen, der auch Bundesvorsitzender ist, hatte noch bei der Fusion beteuert, «jeder einzelne» habe die Präambel unterschrieben. «Anders hätte man diese Wiedervereinigung auch nicht vollziehen können.»

 

Räpple sei mehrfach gebeten worden, das Papier zu unterschreiben, sagte Meuthen nun. Er kooperiere in der Sache aber nicht. Meuthen: «Die Fraktion hat interne Maßnahmen beschlossen.» Nähere Angaben dazu wollte er nicht machen. Fraktionsvize Emil Sänze sagte weiter: «Es war de jure nicht notwendig, dass Herr Räpple den Vertrag unterschreibt, da dieser - einschließlich Herrn Räpple - zuvor von der gesamten Fraktion beschlossen worden war.» Räpple war schon in der Vergangenheit aufgefallen: Er hatte Mitglieder anderer Fraktionen am Rande einer Landtagsdebatte als «Volksverräter» bezeichnet.

 

Der Grünen-Politiker Uli Sckerl forderte die 21-köpfige AfD-Fraktion auf, «jetzt unwiderruflich ihr Verhältnis zum Antisemitismus zu klären». Wenn ein Parlamentarier sich weigere, die entsprechende Erklärung zu unterschreiben, müsse die Fraktion sich von ihm trennen. «Wenn das unterbleibt, wird offensichtlich, was hinter der Maske steckt: Die AfD duldet offen Antisemitismus in ihren Reihen.» FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke argumentierte ähnlich. Offensichtlich habe Meuthen nach der Wiedervereinigung der beiden AfD-Fraktionen die Öffentlichkeit belogen. Klar sei nun, dass Meuthen seit Monaten dulde, dass sich Räpple nicht von Antisemitismus und Rassismus distanziere, sagte Rülke.

 

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Reinhold Gall, sagte, Antisemitismus sei zumindest in Teilen der AfD erkennbar hoffähig. «Meuthen führt eine Chaotenfraktion», teilte Gall mit. «Antisemitismus und rechtsradikales Denken sind in der AfD keine Einzelfälle, sondern ein dramatisches Strukturproblem», kritisierte CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart.

 

In der AfD gibt es laut «FAZ» außerdem Streit über das Verhalten des Abgeordneten Heinrich Fiechtner, der demnach gegen den Willen der Fraktion in einer Parlamentsrede für die Einführung einer Flüchtlingsgesundheitskarte plädiert hatte. Daraufhin erteilte die Fraktion Fiechtner ein unbeschränktes Redeverbot. Außerdem musste er seine Mitgliedschaft im NSU-Untersuchungsausschuss sowie im Innenausschuss des baden-württembergischen Landtags aufgeben.

 

AfD-Fraktionsvize Sänze sagte: «Neben der Rede zur Gesundheitskarte gab es interne Gründe für die Maßnahmen gegen Herrn Fiechtner.» Ob eine Fraktion einem frei gewählten Abgeordneten überhaupt ein Redeverbot erteilen kann, ist rechtlich umstritten. Auf die Frage, ob er die Fraktion verlassen werde, sagte Fiechtner der Zeitung: «Ich werde nicht austreten, die Drecksarbeit müsste die Fraktion schon selber machen.» Sänze sagte, es sei nicht das Ziel, Fiechtner auszuschließen. Fiechtner sprach auf dpa-Anfrage von einer Kampagne gegen seine Person. Ein etwaiger Fraktionsausschluss müsse angekündigt werden. (DPA/LSW)