BSI: Bei Angriff auf Telekom «noch einmal Glück gehabt»

Die Telekom geht davon aus, dass die Schadsoftware schlecht programmiert war. Foto: Federico Gambarini
Die Telekom geht davon aus, dass die Schadsoftware schlecht programmiert war. Foto: Federico Gambarini

Die Deutsche Telekom ist bei der jüngsten Attacke auf ihre «Speedport»-Router nach Experten-Einschätzung mit einem blauen Auge davongekommen. «Dieses Mal haben wir noch Glück gehabt - der Angriff hat nicht richtig funktioniert», sagte Arne Schönbohm, Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) der Zeitung «Die Welt». Nach ersten Analysen ist der eingeschleuste Schadcode mit dem bekannten Schädling Mirai verwandt, berichtete die IT-Sicherheitsfirma Kaspersky Lab.

Ziel sei es gewesen, die Router mit einem Botnetz zu verbinden, in dem Technik von Online-Kriminellen für ihre Zwecke missbraucht wird.

 

Wer hinter der Attacke stand und welchen Zweck die Angreifer verfolgten, war weiterhin unklar. Aus Sicherheitskreisen erfuhr die dpa am Dienstag, dass es noch keine Erkenntnisse zu den Urhebern gebe. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) wollte Spekulationen vermeiden. «Im Moment steht der genaue Urheber noch nicht fest», sagte de Maizière.

 

Wie Stefan Ortloff von Kaspersky erklärte, wurde der Schadcode durch eine Sicherheitslücke im Router eingeschleust. Doch die Software sei offenbar nicht in der Lage gewesen, sich selbst in das Dateisystem zu schreiben. Deshalb habe sie einen Neustart nicht überlebt.

 

Im Laufe des Dienstags wollte die Telekom die Störungen weitgehend ausräumen. Seit Sonntagnachmittag waren rund 900 000 Router des Unternehmens betroffen und teilweise komplett ausgefallen.

 

Wäre die Schadsoftware besser programmiert gewesen, so wären die Folgen des Angriffs noch viel schlimmer gewesen, sagte auch ein Telekom-Sprecher im RBB-Inforadio. Im aktuellen Fall hatte in der Regel ein Neustart der Router gereicht, um sie wieder funktionsfähig zu machen.

Andernfalls wäre der Angriff völlig unbemerkt geblieben, sagte Ammar Alkassar, IT-Sicherheitsexperte bei Rohde & Schwarz Cybersecurity. Gewöhnlich würden solche Botnetze aufgebaut und dann erst einmal schlafen gelegt. Nach einer Weile würden sie dann je nach Intention für politische oder schlicht kriminelle Zwecke, etwa für Erpressungen genutzt.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) zeigte sich am Dienstag «sehr besorgt». Wenn die Telekom Opfer eines solchen Angriffs werden könne, müsse «jedem klar werden, wie aktuell und alltäglich die Gefahr ist». Bei der Sicherheit der IT-Infrastruktur müssten die Deutschen «eindeutig nachlegen», sagte er.

 

Das BSI hatte bereits am Montag von einem weltweiten Cyberangriff gesprochen und forderte schärfere Sicherheitsstandards im Internet der Dinge. «Je vernetzter die Welt ist und je allgemeiner Massenprodukte wie Router weltweit baugleich im Netz eingesetzt werden, desto verwundbarer sind unsere Netz-Infrastrukturen», sagte Schönbohm der «Welt».

 

Noch immer sei das Bewusstsein für die potenziellen Gefahren nicht groß genug, sagte Alkassar. Das führe dazu, dass die Sicherheit nicht hoch genug priorisiert werde. Alkassar plädierte für klarere Verantwortlichkeiten und Haftungsregeln.

 

Der BSI-Präsident sprach sich zudem dafür aus, verstärkt Sicherheits-Gütesiegel vor allem für DSL-Router von asiatischen Herstellern wie Arcadyan einzusetzen. Auch eine Verpflichtung der Hersteller, zeitnah und regelmäßig Sicherheitsupdates aufzuspielen, könne die Sicherheit stärken.

 

Die Schadsoftware Mirai ist Sicherheitsexperten bereits bekannt. Ihre Spezialität ist, sich vorzugsweise in Verbrauchergeräte wie Router oder andere, privat genutzte vernetzte Elektronik einzuschleusen, um sie kapern und zum Teil eines ferngesteuerten Netzes zu machen.

 

Zuletzt hatten Kriminelle Mirai-Botnetze mit fast einer halben Million verbundener Geräten im Netz zur Miete angeboten, wie vergangene Woche das Fachportal «heise online» berichtete. Die zusammengeschalteten Geräte werden von Kriminellen gern für koordinierte Attacken oder zum Versenden von Spam-Nachrichten genutzt. (DPA)