Die politischen Köpfe in Großbritannien: Wer kommt, wer geht

Der britische Premier David Cameron hat seinem Land das EU-Referendum eingebrockt. Foto: Julien Warnand/Archiv
Der britische Premier David Cameron hat seinem Land das EU-Referendum eingebrockt. Foto: Julien Warnand/Archiv

So viel Unruhe wie nach der Brexit-Volksabstimmung gab es lange nicht in der politischen Landschaft Großbritanniens. Die einen müssen gehen, die anderen wollen gehen, die potenziellen Nachfolger scharren schon mit den Füßen. Wer geht, wer ist schon weg, wer kommt (vielleicht), wer bleibt? Eine Auswahl.

 

KONSERVATIVE DAVID CAMERON: Seit 2010 Premierminister, seit vergangenem Jahr mit absoluter Mehrheit, jetzt scheidet er als Referendums-Verlierer aus dem Amt.

Woran man sich später erinnern dürfte: Cameron hat seinem Land das EU-Referendum eingebrockt, um den rechten, EU-feindlichen Flügel seiner Tories zu befrieden. Der hatte von Beginn an gegen ihn gearbeitet. Gezockt, verloren.

 

BORIS JOHNSON: Vor dem Referendum Camerons großer Gegenspieler. Viele hielten ihn schon für den nächsten Premier, dann kandidierte er überraschend doch nicht. Der Ex-Bürgermeister Londons punktete bisher eher mit Lausbuben-Image und Sprüchen als mit Inhalten. Wollte den Brexit angeblich gar nicht und gilt nun als Opfer einer Intrige.

 

THERESA MAY: Die neue, als kühl und kompetent geltende «Eiserne Lady» der Tories hat in der Fraktion die größte Anhängerschaft und gilt als Favoritin für Camerons Nachfolge. Sie war gegen den Brexit, blieb aber unverhohlen EU-kritisch, was ihr jetzt zugute kommt. Hat als Innenministerin reichlich Erfahrung mit schwierigen Themen.

 

MICHAEL GOVE: Warb mit Johnson für den Brexit, obwohl er eigentlich eng mit Cameron ist (oder war). Hat Johnson angeblich ausgebootet und gilt nun als Brutus. War einst Bildungsminister und verdarb es sich mit der britischen Lehrerschaft, nun ist er Justizminister. In einem früheren Leben schrieb er für die konservative «Times».

 

 

LABOUR

JEREMY CORBYN: Lange hatte ihn außerhalb der Labour-Partei kaum jemand auf dem Schirm, dann spülte die «Corbyn-Mania» der Basis den linken Rebellen vergangenen Herbst an die Parteispitze. Dass er da noch sitzt, treibt den größten Teil seiner Fraktion zur Weißglut. Er bleibt hart und will nicht weichen. Warb gegen den Brexit - aber ein bisschen halbherzig, jedenfalls wird ihm das vorgeworfen.

 

ANGELA EAGLE: Im Labour-Schattenkabinett zuletzt - bis zu ihrem Rücktritt - für Wirtschaft zuständig. Jetzt droht sie Corbyn, ihn zu einem neuen Rennen um die Parteispitze herauszufordern, wenn er nicht weicht. 2015 wurde sie bei der Wahl zum Vize-Parteichef nur vierte.

 

UKIP

NIGEL FARAGE: Großbritanniens EU-Feind Nummer eins, dauer-präsent in den Medien und der bekannteste Kopf in der rechtspopulistischen Partei Ukip. Trat 2015 schon einmal zurück, als er seinen Wahlkreis bei den Parlamentswahlen nicht gewann. Kam gleich darauf zurück. Trat jetzt wieder zurück, Motto diesmal: «Mission erfüllt».

 

ÜBER DEN DINGEN

ELIZABETH II.: Die Queen (90) hat öffentlich politisch neutral zu sein, trifft aber regelmäßig Politiker unter vier Augen. Was sie von der EU hält, weiß keiner genau. Seit Jahrzehnten steht sie für Stabilität auch in schweren Krisen, auf ihren Hutgeschmack ist Verlass. Als britisches Staatsoberhaupt mahnte sie gerade erst im schottischen Regionalparlament zur Besonnenheit in stürmischen Zeiten. Gehört wird sie - ob auch erhört, muss sich zeigen. (DPA)