Prince - der Hochbegabte des Pop

Trauer um einen der ganz Großen der Pop-Geschichte: Prince ist tot. Foto: Jens Dige
Trauer um einen der ganz Großen der Pop-Geschichte: Prince ist tot. Foto: Jens Dige

Es gibt Zeiten in den 80er und frühen 90er Jahren, da ist Prince auf Augenhöhe mit den ganz Großen des Pop - künstlerisch sowieso, aber auch kommerziell. Wohl nur Madonna, Michael Jackson und U2 übertreffen die Plattenverkäufe und Konzerterfolge des aus der Industriestadt Minneapolis stammenden Amerikaners. Seine Mixtur aus Funk, Pop, Blues und Rock, das explosive Gitarrenspiel, diese sinnliche, oft ins Falsett aufsteigende Soul-Stimme, die teilweise frivolen, auf dem US-Index stehenden Texte elektrisieren die Massen.

 

Und natürlich Songs wie «Purple Rain», «Kiss» oder «Sign O' The Times» - das hochwertigste Chartsfutter jener Zeit.

 

Die vor Energie berstenden Shows des mit 1,57 Metern kleingewachsenen Prince Roger Nelson - Sohn eines schwarzen Jazz-Musikers und einer weißen Sängerin - sind knallbunte Messen eines exzentrischen Genies.

 

Doch leider bleibt es nicht so großartig. Und das hat viel mit jener bizarren Sprunghaftigkeit zu tun, die den enorm begabten Künstler zunächst zu größter Kreativität antrieb und später zu wenig karrierefördernden Entscheidungen.

 

So überwarf sich Prince mit Plattenfirmen, schrieb sich im Ringen um Selbstständigkeit «Slave» (Sklave) auf die Wange und änderte diverse Male seinen Künstlernamen - schrägstes Beispiel: TAFKAP, «The Artist formerly known as Prince». Zuletzt waren seine Platten bisweilen nur noch online zu beziehen, er verramschte eine neue CD auch mal als Zeitungsbeilage. Und die Welthits blieben weitgehend aus.

 

Dennoch hatten Fans und Musikkritiker immer die Hoffnung, dass da noch eine künstlerische Überraschung, womöglich sogar ein überragendes Alterswerk in Prince schlummert.

 

Dazu wird es nun nicht mehr kommen. Sein Tod mit 57 macht fassungslos und traurig - auch weil da eine Abrundung fehlt in diesem rasanten, rigorosen Künstlerleben.

 

Prince, geboren am 7. Juni 1958, galt seit seinem Debüt mit dem Album «For You» (1978) als musikalisches Wunderkind. Mit 19 Jahren war der Multi-Instrumentalist der jüngste Künstler, dem das Label Warner ein Album in völliger Eigenregie gestattete.

 

Die Texte der ersten Platten lasen sich wie feuchte Träume eines Teenagers. Die sowohl schwarze als auch weiße Sounds aufgreifende Musik dazu - inspiriert von James Brown, Jimi Hendrix, Curtis Mayfield oder Sly Stone, aber eben auch von den Beatles - klang indes enorm reif.

 

Mit dem ambitionierten Doppel-Album «1999» und Tanzflächenfegern wie dem Titelsong oder «Little Red Corvette» kam 1982 der Durchbruch. Der Soundtrack zum Film «Purple Rain» vollendete zwei Jahre später den Aufstieg zum Superstar. Prince versuchte sich auch als Schauspieler, merkte aber früher als Madonna, dass dies nicht sein Metier war.

 

Mit «Nothing Compares 2 U» (auch gesungen von Sinead O'Connor) komponierte er eine der schönsten Balladen der Popgeschichte und produzierte Alben vieler anderer, oft befreundeter Künstler. Ein Oscar für «Purple Rain» und sieben Grammys waren seine bedeutendsten Auszeichnungen.

 

Stilgrenzen existierten für Prince spätestens seit Mitte der 80er Jahre nicht mehr. Ohne wagemutige, überbordende Pop-Wunderwerke wie «Around The World In A Day», «Parade», «Sign O' The Times» oder «Lovesexy» wären die musikalisch meist öden 80er Jahre noch viel öder gewesen.

 

Mit dem wuchtigen, aber von Selbstzitaten durchsetzten «Batman»-Soundtrack (1989) gingen die Kritiker erstmals auf Distanz zu Prince, der gleichwohl eine für ihn typische, an Größenwahn grenzende Arroganz beibehielt.

 

In den 90ern, erst recht in den Nullerjahren, waren die Hits und kreativen Höhepunkte des Prinzen an einer Hand abzuzählen - obwohl er live weiterhin einer der ganz Großen war. Schlagzeilen machte nun seine Nähe zu den Zeugen Jehovas und hin und wieder ein meist gut behütetes Privatleben. Immer wieder wurden Prince Affären nachgesagt - mit Kim Basinger, Madonna, Carmen Electra, Sheena Easton. Zweimal war er verheiratet - mit weniger bekannten Frauen.

 

Bis zum Schluss sah der drahtige Afroamerikaner aus wie ein Mann von ewiger Jugend. Auch deswegen rechnete niemand mit der traurigen Nachricht, dass nach David Bowie mit Prince dieses Jahr ein weiteres Pop-Chamäleon sterben würde.

 

«Er hat die Welt verändert. Ein wahrer Visionär. Was für ein Verlust», schrieb Popsängerin Madonna, die mit Prince zeitweise konkurriert hatte, bei Instagram zu einem gemeinsamen Foto aus alten Zeiten. «Die Welt hat eine Menge Magie verloren. Ruhe in Frieden», so ihre Kollegin Katy Perry auf Twitter. Und mit den Worten «Taub. Fassungslos. Das kann nicht wahr sein» trauerte der Sänger und Schauspieler Justin Timberlake. (DPA)