Russland-Exporte im Keller

Autos im Hafen von St-Petersburg: Die Exporte der deutschen Wirtschaft nach Russland schrumpften im vergangenen Jahr um weitere 25,5 Prozent. Foto: Marco Hadem
Autos im Hafen von St-Petersburg: Die Exporte der deutschen Wirtschaft nach Russland schrumpften im vergangenen Jahr um weitere 25,5 Prozent. Foto: Marco Hadem

Die deutsche Wirtschaft fordert von Europa ein Entspannungssignal an Russland und eine schrittweise Aufhebung der westlichen Sanktionen. «Wir müssen Russland helfen, aus der Isolation herauszukommen», sagte der Vorsitzende des Ost-Ausschusses, Linde-Chef Wolfgang Büchele, am Freitag in Berlin. Ein kompletter Wegfall der Sanktionen bereits im Juli sei aber unrealistisch, obwohl sich 60 Prozent der in Russland aktiven deutschen Konzerne genau dies wünschten. Hintergrund ist der ungebremste Einbruch des Handels zwischen beiden Ländern.

 

Die Exporte der deutschen Wirtschaft nach Russland schrumpften im vergangenen Jahr um weitere 25,5 Prozent. «Gemessen am bisherigen Rekordjahr 2012 hat sich der deutsche Export in den vergangenen drei Jahren von 38 Milliarden auf 21 Milliarden Euro fast halbiert», sagte Büchele. Im laufenden Jahr dürften die Ausfuhren noch einmal um zehn Prozent auf eine Größenordnung von unter 20 Milliarden Euro zurückgehen - so wenig wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr.

 

Wegen der jahrelangen Krise ist die Zahl der in Russland tätigen deutschen Firmen von 6000 auf 5600 gesunken. Über 80 Prozent von ihnen erwarteten 2016 eine negative Entwicklung der russischen Wirtschaft, wollten aber im Land bleiben. «Die westlichen Sanktionen sind nicht der Hauptgrund für den russischen Konjunktureinbruch», erklärte Büchele. Schuld seien vor allem der Ölpreisverfall und die Rubel-Abwertung.

 

Die Wirtschaft bewertete den Auftritt von Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew bei der Münchner Sicherheitskonferenz als Schritt nach vorn. Es sei zu stark Medwedews Wort vom «Kalten Krieg» und zu wenig die Geste der Dialogbereitschaft beachtet worden, kritisierte Büchele: «Hier wird auch eine Hand ausgestreckt. Russland will Teil der Lösung sein.»

 

Der deutsche Chef des österreichischen Öl- und Gaskonzerns OMV, Rainer Seele, sieht das genauso. Russland wolle sich wieder für Europa und eine Zusammenarbeit mit der deutschen Wirtschaft öffnen, weil China und die Türkei die Lücken nicht hätten füllen können. «Die Erwartung in Moskau ist: Es liegt jetzt an Euch Europäern, diese Hand anzunehmen. Die deutsche Wirtschaft ist dazu bereit.» Auf Russlands umstrittene Rolle und Luftangriffe im syrischen Bürgerkrieg gingen die deutschen Topmanager mit keinem Wort ein.

 

Einen möglichen Ausstieg aus den EU-Sanktionen macht die Wirtschaft jedoch von Fortschritten beim Minsker Friedensabkommen für die Ukraine abhängig. Die Lage in Kiew sei besorgniserregend. Sollte sich der Internationale Währungsfonds (IWF) zurückziehen, könnte die EU allein die Ukraine wirtschaftlich nicht retten. (DPA)