Berlin und Ankara beraten über mehr Grenzsicherung

Die Türkei hatte Ende November im Rahmen eines Aktionsplans zugesagt, ihre Grenzen besser zu schützen. Foto: Nikos Arvanitidis/Archiv
Die Türkei hatte Ende November im Rahmen eines Aktionsplans zugesagt, ihre Grenzen besser zu schützen. Foto: Nikos Arvanitidis/Archiv

Inmitten des immer heftigeren innenpolitischen Streits über eine Reduzierung des Flüchtlings-zuzugs trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu. Bei den ersten deutsch-türkischen Regierungskonsultationen in Berlin geht es unter anderem um Schritte Ankaras zur Grenzsicherung. Die Türkei hatte Ende November im Rahmen eines Aktionsplans zugesagt, ihre Grenzen besser zu schützen. Im Gegenzug versprach die EU mindestens drei Milliarden Euro für die Versorgung der mehr als zwei Millionen Flüchtlinge in der Türkei.

Zudem sollen die EU-Beitrittsverhandlungen und die Gespräche zur visafreien Einreise für Türken beschleunigt werden.

 

Noch ist das EU-Geld aber nicht geflossen. Maßnahmen Ankaras zur Reduzierung des Flüchtlingszuzugs über die Balkanroute kommen nur schleppend voran. Nach wie vor starten täglich Schlepperboote mit Migranten von der türkischen Ägäisküste zu den griechischen Inseln.

 

Im Rahmen der deutsch-türkischen Regierungskonsultationen - den ersten ihrer Art - treffen sich auch mehrere Minister beider Staaten. Grünen-Chef Cem Özdemir forderte die Bundesregierung auf, dabei auch die problematische Menschenrechtslage in der Türkei anzusprechen und Ankara unter Druck zu setzen. Merkel müsse der Türkei klarmachen, dass es die zugesagten Milliardenhilfen für die Flüchtlingsversorgung nur gegen Gegenleistungen gebe. «Wir erwarten dass die Türkei zur Rechtsstaatlichkeit zurückkehrt», sagte Özdemir der «Welt».

 

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) räumte im RTL-«Nachtjournal» ein: «Die Türkei hat Probleme, das wissen alle.» Gleichwohl könne Deutschland nicht als «Richter» auftreten. «Wir sind Partner im Kampf gegen den Terrorismus, und wir sind jetzt Partner im Kampf gegen illegale Migration. Wir haben ein gemeinsames Interesse darin, dass nicht so viele Flüchtlinge in die Türkei kommen und dass die Türkei sie nicht einfach durchlässt.»

 

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, plädierte dafür, bei den Beitrittsverhandlungen der EU mit Ankara schnell zu Kapiteln zu kommen, in denen es um Rechtsstaatlichkeit und Minderheitenrechte geht. «Die Türkei ist unser Partner, und wir brauchen uns gegenseitig», sagte der SPD-Politiker der «Passauer Neuen Presse». Die Türkei sei wichtiges Mitglied der Nato, sie leiste bei der Versorgung von Flüchtlingen Enormes.

 

Eindringlich warnte Schulz vor schärferen Grenzkontrollen in Europa als Folge der von Österreich beschlossenen Flüchtlingsobergrenze - sie soll in diesem Jahr bei 37 500 Menschen liegen. «Mir scheint, dass viele, die nach einer Schließung der Grenzen rufen und damit Schengen zu Grabe tragen, nicht sehen können oder wollen, dass die Auswirkungen katastrophal wären», sagte Schulz der Zeitung. Grenzkontrollen richteten «wirtschaftlich massiven Schaden» an und seien «eine Gefahr für Arbeitsplätze und Wachstum».

 

Der CDU-Wirtschaftspolitiker Christian von Stetten sprach sich für deutsche Unterstützung bei der Sicherung der österreichisch-slowenischen Grenze aus. «Wenn wir jetzt eine kleine europäische Lösung mit Österreich und Slowenien organisieren könnten, wäre das ein guter Anfang, und keiner in der Bundesregierung würde sein Gesicht verlieren», sagte von Stetten der «Heilbronner Stimme». Merkel lehnt eine verstärkte Grenzsicherung sowie eine Obergrenze für Flüchtlinge weiter ab - die CSU beharrt darauf, auch etliche CDU-Politiker wollen eine Wende in der Flüchtlingspolitik. (DPA)