Innehalten für Paris: Gedenken an Terroropfer

Zahlreiche Kerzen brennen am 14.11.2015 vor dem Institut Francais in Stuttgart. Foto: Christoph Schmidt/dpa
Zahlreiche Kerzen brennen am 14.11.2015 vor dem Institut Francais in Stuttgart. Foto: Christoph Schmidt/dpa

Landesweit haben Menschen am Montagmittag der Terroropfer von Paris gedacht. An vielen Bahnhöfen wie in Stuttgart gab es Durchsagen. Reisende und Passanten hielten inne. Am Rathaus der Landeshauptstadt weht seit Montag ein Banner mit der Aufschrift «Nous Sommes Unis» (Wir sind vereint). Man wolle wachsam sein, sagte Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne), «aber wir werden nicht das öffentliche Leben absagen». Denn dann hätte der Terror gewonnen. «Wir werden dem Terror widerstehen, mit Stolz und Zuversicht.»

Der am 25. November beginnende Weihnachtsmarkt etwa werde stattfinden - ohne Einschränkungen.

Vor dem Institut francais in Stuttgart hatten Trauernde Blumen, Kerzen und Botschaften niedergelegt. Dutzende drängten sich vor den Fenstern, als sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), Justizminister Rainer Stickelberger und Europaminister Peter Friedrich (beide SPD) am Abend bei einer Trauerfeier in das Kondolenzbuch eintrugen. «Es war ein Anschlag auf uns alle, denn wir alle teilen diese Werte, die das Ziel der Terroristen waren», sagte Kretschmann. «Die Angriffe richteten sich gegen ein selbstbestimmtes Leben.»


Die Flüchtlinge in Europa wollten gerade dieser Gewalt entkommen - gerade jetzt müsse man sie aufnehmen und ihnen Sicherheit geben. «Rechnen Sie mit uns als Ihre guten Freunde und Nachbarn», sagte Kretschmann gerichtet an den französischen Generalkonsul Nicolas Eybalin, der sich für die Anteilnahme bedankte. «Wir sind entschlossen, so weiterzuleben, wie wir wollen», sagte er in einer emotionalen Ansprache. Europa müsse den Terror bekämpfen, ohne dabei die Werte zu vergessen, die Ziel der Anschläge gewesen seien.


Auch Vize-Regierungschef Nils Schmid (SPD) hatte zuvor einen Eintrag im Kondolenzbuch hinterlassen. Auch er warnte vor einer Vermengung der Terroranschläge mit der Flüchtlingsdebatte in Deutschland. «Flüchtlinge aus Irak und Syrien sind genauso wie die Menschen in Paris Opfer der islamistischen Terroristen», sagte der SPD-Landesvorsitzende der Deutschen Presse-Agentur. «Sie suchen ja gerade aus dem Grund Zuflucht bei uns in Europa, in Deutschland und in Baden-Württemberg.» Bestimmte Bevölkerungsgruppen oder eine Religion dürften jetzt nicht unter Generalverdacht gestellt werden.


Muslime und muslimische Verbände müssen sich nach Ansicht der Türkischen Gemeinde in Deutschland jetzt stärker zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. «Wir müssen weg vom Rechtfertigungsgedanken - hin zu einem Bekennen dazu, was Europa und die europäischen Werte anbieten», sagte der Vorsitzende Gökay Sofuoglu der Deutschen Presse-Agentur. «Da muss noch mehr passieren. Das müssen mehr als Lippenbekenntnisse sein.» Sofuoglu fürchtet nach den Attentaten eine wachsende Islamfeindlichkeit in Deutschland.


Stuttgarts Oberbürgermeister Kuhn hatte für 12.00 Uhr zum Gedenken in den Ratssaal eingeladen. Ein Kondolenzbuch liegt dort auch in den nächsten Tagen aus. In Heilbronn traf man sich auf dem Marktplatz. Institutionen wie Museen und Schulen schlossen sich vielfach dem Innehalten für Paris an. Die Linienbusse der Südwestdeutsche Verkehrs-Aktiengesellschaft (SWEG) wollten auf ihrer Route an der nächsten Haltestelle anhalten und die Fahrgäste informieren. Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten alle Bürger Europas für 12.00 Uhr zu einer Schweigeminute aufgerufen.


Auch Schüler und Lehrer des Stuttgarter Wagenburg-Gymnasiums mit seiner großen deutsch-französischen Abteilung schwiegen gemeinsam auf dem Schulhof, um der Opfer der Pariser Anschläge zu gedenken. Rund 150 französische Schüler lernen hier zusammen mit Deutschen. Das Kultusministerium hatte alle Schulen gebeten, an der Schweigeminute teilzunehmen.


Im südbadischen Müllheim nahmen Soldaten der deutsch-französischen Brigade an der Schweigeminute teil. Sie nahmen Aufstellung vor Flaggen, die auf Halbmast wehten.


Mit einer Solidaritätsbekundung für Paris hatte am Morgen in Karlsruhe der Städtetags-Kongress «Die europäische Stadt - Stadt in Europa» begonnen. «Es ist auch ein Anschlag gegen die europäische Stadt, wie wir sie kennen», sagte die Präsidentin des baden-württembergischen Städtetags, Barbara Bosch. Schließlich sei die europäische Stadt das Gegenmodell von rückwärtsgewandten und menschenverachtenden Ideologien. (DPA/LSW)