Studie: Große regionale Unterschiede in Palliativ-Versorgung

Ein Altenpfleger hält die Hand einer pflegebedürftigen Frau. Foto: Sebastian Kahnert/Illustration
Ein Altenpfleger hält die Hand einer pflegebedürftigen Frau. Foto: Sebastian Kahnert/Illustration

Jeder zweite ältere Deutsche stirbt im Krankenhaus, obwohl 75 Prozent der Menschen den Tod daheim vorziehen würden. Diese Kluft zwischen Wirklichkeit und Vorsatz zeigt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, die heute in Gütersloh vorgestellt wird. Thema des «Faktenchecks Gesundheit» ist der Ausbau der Palliativ-Versorgung in Deutschland. Besonders auffallend sind dabei regionale Unterschiede und Versorgungslücken speziell bei der ambulanten Behandlung. So fehlen in einem Viertel aller Kreise in Deutschland spezialisierte Palliativmediziner.

Dagegen haben sich in Hessen mehr als doppelt so viele Ärzte zusätzlich palliativ qualifiziert wie in Thüringen.


Palliativmedizin wird dann eingesetzt, wenn bei einer weit fortgeschrittenen Krankheit keine Chance mehr auf Heilung besteht und die Lebenserwartung begrenzt ist. Dabei geht es um die Verbesserung der Lebensqualität und nicht um die Verlängerung der Lebenszeit.


In Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein arbeiten besonders viele ambulant arbeitende Palliativmediziner, die ihre Patienten zuhause versorgen. Hier ist die Quote der Menschen, die im Krankenhaus sterben, entsprechend geringer. In Bundesländern mit stark ausgebauten stationären Angeboten sterben mehr Menschen in Kliniken als im Bundesschnitt.


Experten der Bertelsmann-Stiftung fordern den Ausbau und die Weiterentwicklung der Palliativversorgung. «Wobei dabei gelten soll, ambulant vor stationär und allgemein vor spezialisiert», sagt Projektmanager Eckhard Volbracht. Stiftungsvorstand Brigitte Mohn forderte: «Die Planung neuer Versorgungsangebote sollte sich an dem Wunsch der allermeisten Menschen ausrichten, ihre letzten Lebenstage zu Hause zu verbringen.» Der Ausbau der ambulanten Versorgung müsse deshalb Vorrang vor einem Ausbau stationärer Angebote haben.


Als vorbildlich gilt dabei ein Modell in Westfalen-Lippe, bei dem seit 2009 die Hausärzte die Palliativbetreuung koordinieren. Im vergangenen Jahr wurden rund 20 Prozent der Verstorbenen so betreut. Nur 8,7 Prozent dieser Palliativpatienten starben in einem Krankenhaus.


Laut Studie besteht bei den Patienten noch ein hoher Aufklärungsbedarf. «Fast 90 Prozent aller Menschen brauchen am Lebensende eine palliative Begleitung», sagt Lukas Radbruch von der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin. Im Jahr 2014 haben allerdings laut Studie nur 30 Prozent der Verstorbenen zu Lebzeiten eine entsprechende Behandlung bekommen. Auch erfolge die Behandlung häufig zu spät. «Es bringt nichts, wenn Patienten erst an den letzten zwei bis drei Lebenstagen palliativ behandelt werden», sagt Volbracht. (DPA)