CDU-Politiker warnen vor Überforderung durch Flüchtlingsandrang

Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach warnt vor vor einer Überforderung Deutschlands. Foto: Jens Wolf
Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach warnt vor vor einer Überforderung Deutschlands. Foto: Jens Wolf

In der CDU werden zunehmend Stimmen laut, die wie die Schwesterpartei CSU vor einer Überforderung Deutschlands durch den Flüchtlingsandrang warnen. «Es ist ja richtig, wenn Angela Merkel sagt, unser Asylrecht kennt weder Höchstzahlen noch Quoten», sagte der Chef des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Aber das bedeutet im Umkehrschluss doch nicht, dass die Aufnahmekapazität und Integrationskraft unseres Landes unbegrenzt sind.»

Der baden-württembergische CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf befürchtet auch ein Erstarken rechtsradikaler Parteien. Wenn die Politik die Sorgen der Bürger bei dem Thema nicht ernst nehme, sei das Wasser «auf die Mühlen der Parteien, die wir am Ende des Tages nicht in unseren Parlamenten wiederfinden wollen», sagte er am Freitagabend in Heilbronn. Wer berechtigt Schutz suche, dem werde geholfen. Es gebe aber auch Menschen, die in Deutschland eine «moderne Variante eines Schlaraffenlandes» sähen.


Bei der routinemäßigen Sitzung der Unionsfraktion an diesem Dienstag erwartet Bosbach eine lebhafte Diskussion über die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. Die CSU hatte die Öffnung der Grenzen als gravierenden Fehler kritisiert.


Bosbach sagte, die Abgeordneten spürten bei ihren Gesprächen in den Wahlkreisen und durch Zuschriften, «dass die Zahl derjenigen, die angesichts der hohen Flüchtlingszahlen ernst besorgt sind, ständig wächst. Und dass man nicht jeden, der sich zu dieser Entwicklung kritisch äußert, in die ausländerfeindliche Ecke stellen darf.» Die Politik müsse nun «alles dafür tun, dass die Stimmung nicht kippt».


Der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte sieht Merkels Kanzlerschaft durch ihre Flüchtlingspolitik aber nicht gefährdet. Die Bevölkerung sehe in ihr eine professionelle Krisenmanagerin, sagte Korte der dpa. Der Widerstand in der Partei werde zwar anhalten, Merkel aber nicht gefährlich werden. «Das war ja schon beim Atomstreit so, in der Familien- und Arbeitsmarktpolitik, in vielen Bereichen der Modernisierung der Union. Sie hat es einfach gemacht.» Sie werde die Flüchtlingspolitik zur weiteren Modernisierung nutzen.


Die SPD setzte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) weiter unter Druck. «Thomas de Maizière hat im Augenblick den schwersten Job in der Bundesregierung. Aber wir erwarten jetzt auch ein tatkräftiges Krisenmanagement», sagte Fraktionschef Thomas Oppermann den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Indirekt wies er de Maizière auch einen Teil der Verantwortung für die Überlastung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zu, dessen Präsident Manfred Schmidt am Donnerstag zurückgetreten war. «Er (Schmidt) hat sehr früh auf die steigenden Zahlen aufmerksam gemacht und Anträge auf Personalverstärkung gestellt, die nicht bewilligt worden sind.» Das Bundesamt untersteht de Maizières Ministerium.


Die Zahl der Asylsuchenden könnte im September einen neuen Höchststand erreichen. Bis zum 13. September kamen rund 57 900 Flüchtlinge nach Deutschland - hochgerechnet auf den gesamten Monat wären das etwa 133 500. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine schriftliche Anfrage der Linken im Bundestag hervor. Allerdings war die Zahl neuer Flüchtlinge nach Aufnahme von Grenzkontrollen in den vergangenen Tagen in der Tendenz rückläufig. Das Bundesinnenministerium rechnet mit über 800 000 Flüchtlingen für dieses Jahr. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) hatte sogar von einer Million gesprochen.


Die Kultusministerkonferenz (KMK) geht nach einem Zeitungsbericht allein für dieses Jahr von 300 000 schulpflichtigen Flüchtlinge aus. Das geht aus einem Brief der KMK-Präsidentin, der sächsischen Ministerin Brunhild Kurth (CDU), hervor, der der «Welt» (Samstag) vorliegt. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Deutsche Lehrerverband forderten von den Ländern deswegen die Neueinstellung von 15 000 bis 20 000 Lehrern. (DPA)