1. Halbjahr 2014: Arbeitnehmerfreizügigkeit beeinflusst Gründerzahlen

Weniger Rumänen und Bulgaren aber mehr Kroaten gründeten einen Gewerbebetrieb

 

Im 1. Halbjahr 2014 machten sich in Baden-Württemberg mehr als 40 600 Personen selbstständig, indem sie einen von rund 36 770 Gewerbebetrieben alleine oder gemeinsam mit anderen neu gründeten. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes waren dies 4 Prozent oder 1 650 Personen weniger als im 1. Halbjahr 2013. Deutlich zurück ging die Zahl der Gründer mit rumänischer und bulgarischer Staatsangehörigkeit. Im 1. Halbjahr 2014 zeigten 1 319 weniger Rumänen (−42 Prozent) und 924 weniger Bulgaren (−55 Prozent) eine Neugründung beim Gewerbeamt an als im 1. Halbjahr 2013.

Ursache dürfte die uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit sein, die seit dem 1. Januar 2014 für Staatsangehörige der EU-Mitgliedstaaten Bulgarien und Rumänien gilt. Entgegengesetzt verlief die Entwicklung bei den neuen EU-Bürgern aus Kroatien: Gegenüber dem Vorjahreszeitraum vervierfachte sich die Zahl der Kroaten, die im 1. Halbjahr 2014 in Baden-Württemberg einen Gewerbebetrieb gründeten. Kroatien ist seit dem 1. Juli 2013 Mitglied der EU, die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist zunächst bis 30. Juni 2015 eingeschränkt.


Ähnliche Entwicklungen hat es nach der Aufnahme von mittel- und osteuropäischen Staaten als Vollmitglieder der EU im Mai 2004 und Januar 2007 gegeben. Besonders Polen, Ungarn, Rumänen und Bulgaren haben die dadurch vereinfachten Möglichkeiten der Gewerbegründung genutzt. So lag die Zahl der polnischen Gründer 2003 noch bei gut 200 Personen. Im Jahr 2006 – also im zweiten Jahr der EU-Vollmitgliedschaft – registrierten die Gewerbeämter in Baden-Württemberg mehr als 3 500 Polen, die einen Gewerbebetrieb allein oder gemeinsam mit anderen neu gründeten. Ab 2007 stieg dann die Anzahl der bulgarischen und rumänischen Gründer sprunghaft an und lag 2013 schließlich 83-mal bzw. 32-mal höher als vor dem EU-Beitritt im Jahr 2006.


Neugründungen von Ungarn, Polen, Bulgaren und Rumänen erfolgten nach dem EU-Beitritt in allen Jahren ganz überwiegend im Baugewerbe und hier im Wirtschaftszweig »Vorbereitende Baustellenarbeiten, Bauinstallation und sonstiges Ausbaugewerbe«. Ebenfalls ein häufig gewähltes Betätigungsfeld ist der Wirtschaftsbereich »Garten- und Landschaftsbau; Gebäudebetreuung«, zu dem zum Beispiel Hausmeisterdienste und die Gebäudereinigung gehören.


Betrachtet man die Zahl der Gründer im 1. Halbjahr 2014 abzüglich der Staatsangehörigen aus Polen, Rumänien, Bulgarien, Kroatien und Ungarn so liegt dieser Wert auf Vorjahresniveau. Hinweis: Durch die EU-Verträge haben alle EU-Bürger das Recht auf (Arbeitnehmer–) Freizügigkeit. Freizügigkeit bedeutet, dass es keine auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen gibt. Es besteht die Möglichkeit dieses Recht für eine Übergangsfrist von maximal 7 Jahren für die Arbeitnehmer der Beitrittsstaaten einzuschränken. Deutschland hat von dieser Möglichkeit des EU-Rechts Gebrauch gemacht.


Gewerbetreibende mit Neugründungen*) in Baden-Württemberg seit 2003 nach Staatsangehörigkeit
Land der Staatsangehörigkeit Gewerbetreibende mit Neugründungen
2003 2006 2012 2013 1. Hj 2013 1. Hj 2014 Veränderung
1. Hj 2014
gegenüber
1. Hj 2013
Anzahl %

*) Anzeigepflichtige Personen, die eine Neugründung vorgenommen haben (einschließlich der Eröffnung von Zweigniederlassungen und unselbstständigen Zweigstellen). Ohne Automatenaufsteller und Reisegewerbe.

Ergebnisse der Gewerbeanzeigenstatistik, Sonderaufbereitung

Deutschland 75.802 79.594 58.285 58.037 29.914 29.554 −360 −1
Ausland 11.876 17.031 23.858 24.810 12.354 11.064 −1.290 −10
davon  
Bulgarien 20 38 3.000 3.170 1.676 752 −924 −55
Kroatien 600 731 527 1.188 253 1.063 +810 +320
Polen 213 3.517 2.116 1.846 987 849 −138 −14
Rumänien 150 195 5.677 6.319 3.139 1.820 −1.319 −42
Ungarn 82 309 1.177 1.226 650 557 −93 −14
Übriges Ausland 10.811 12.241 11.361 11.061 5.649 6.023 +374 +7
Insgesamt 87.678 96.625 82.143 82.847 42.268 40.618 −1.650 −4
nachrichtlich: 
ohne Bulgarien, Kroatien, Polen, Rumänien, Ungarn
86.613 91.835 69.646 69.098 35.563 35.577 +14 +0


Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg