Erdogan droht: Europäer bald nirgendwo auf der Welt sicher

Erdogan wies Kritik aus dem Westen an Inhaftierungen von Journalisten zurück. Foto: Kayhan Ozer
Erdogan wies Kritik aus dem Westen an Inhaftierungen von Journalisten zurück. Foto: Kayhan Ozer

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat die Europäer erneut angegriffen und vor einer weiteren Eskalation des Streits mit seinem Land gewarnt. «Wenn ihr euch weiterhin so benehmt, wird morgen kein einziger Europäer, kein einziger Westler auch nur irgendwo auf der Welt sicher und beruhigt einen Schritt auf die Straße setzen können», sagte er in Ankara. «Wenn ihr diesen gefährlichen Weg beschreitet, werdet ihr selbst den größten Schaden davon nehmen.»

Erdogan rief die europäischen Länder dazu auf, «Demokratie, Menschenrechte und Freiheiten zu respektieren».

 

Erdogan übte erneut Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel, sparte sich diesmal aber Nazi-Vergleiche. Er warf Merkel ein weiteres Mal vor, sich im Streit um Auftrittsverbote türkischer Minister in Rotterdam an die Seite der Niederlande gestellt zu haben. «Du bist also auf der Seite Hollands? Gut. Und ich bin auf der Seite meines Volkes und des Rechts. So werden wir auch weitermachen.»

 

Mit Blick auf den seit Wochen inhaftierten «Welt»-Korrespondenten Deniz Yücel sagte Erdogan: «Niemals werden wir Zugeständnisse vor jenen machen, die sich Medienvertreter nennen, aber Aktivismus für Terrororganisationen betreiben oder für ausländische Dienste spionieren.»

 

Der Abgeordnete Baris Yarkadas von der größten Oppositionspartei CHP kritisierte, Erdogan übe mit solchen Äußerungen Druck auf die Justiz aus. «Wenn Sie langjährige Journalisten Terroristen nennen, müssen Sie das beweisen», teilte Yarkadas mit Blick auf Erdogan mit. «Der Staat ist in Ihrer Hand, die Polizei, die Staatsanwälte und Richter stehen zu Ihren Diensten! Sie müssen Beweise für die Straftaten vorlegen, die unsere Journalisten-Freunde begangen haben sollen.»

 

Erdogan wies bei seiner Ansprache vor Verlegern Kritik aus dem Westen an Inhaftierungen von Journalisten in seinem Land zurück. Auf einer Liste «vom Ausland» seien in diesem Zusammenhang 149 Inhaftierte genannt worden. Die meisten davon säßen aber wegen Terrorismusvorwürfen im Gefängnis, andere würden krimineller Taten beschuldigt. «Das einzige, was nicht auf der Liste steht, sind Journalisten», sagte Erdogan. «Unter ihnen ist alles vertreten, vom Mörder bis zum Räuber, vom Kinderschänder bis zum Betrüger.»

 

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte unterdessen an die Adresse Erdogans: «Respektieren Sie den Rechtsstaat und die Freiheit von Medien und Journalisten. Und geben Sie Deniz Yücel frei.» Steinmeier wies am Mittwoch in Berlin auch die Nazi-Vergleiche Erdogans scharf zurück. Er mahnte Erdogan, die Türkei solle nicht das Band zu denen zerschneiden, die Partnerschaft wollen.

 

FDP-Chef Christian Lindner sprach sich für ein Ende der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei aus. «Die Türkei ist nicht beitrittsfähig, die EU ist nicht aufnahmebereit», sagte Lindner «Spiegel Online». «Deshalb müssen diese zombiehaften Gespräche jetzt beendet werden.» Die Türkei könne und wolle nicht EU-Mitglied werden. «Es gibt ja eine Zollunion - die können wir ausbauen, wenn sich die Türkei wieder zu einem Rechtsstaat entwickeln sollte.»

 

Die EU ist seit Monaten äußert besorgt über den politischen Kurs der Türkei. Vor allem das Vorgehen der Behörden gegen Oppositionspolitiker und Journalisten wird als inakzeptabel erachtet. (DPA)