Stuttgart 21: Weiterhin Skepsis bei Tunnelbau durch Gestein Anhydrit

Protest gegen Stuttgart 21 in Berlin. Foto: Monika Skolimowska/Archiv
Protest gegen Stuttgart 21 in Berlin. Foto: Monika Skolimowska/Archiv

Stuttgart (dpa/lsw) – Der Tunnelbau im quellfähigen Gestein Anhydrit beim umstrittenen Milliardenprojekt Stuttgart 21 bereitet der Kommune und dem Land weiter Kopfzerbrechen. Das Projekt werde weiterhin kritisch begleitet, sagte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Mittwoch nach einer Sondersitzung des Lenkungskreises in Stuttgart. «Die Region würde nicht funktionieren, wenn der Bahnhof nicht funktioniert», sagte er.

 

Der Chef der DB-Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm, Manfred Leger, sagte, die Risiken seien durch sorgfältiges Bauen und den Einsatz der entsprechenden Technik beherrschbar. Der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) meinte vorsichtig: «Die Stadt wird genau schauen, ob die Vorhersagen eintreffen.» Die Kommune und das Land hatten von der Bahn Antworten auf drängende Fragen rund um das Thema Anhydrit verlangt. Mögliche Probleme mit dem Gestein hatte die vom Bahn-Aufsichtsrat beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG in einem Gutachten thematisiert.

 

Durch das nur schwer berechenbare und quellfähige Anhydrit sollen mehrere Tunnelabschnitte des Bahnprojekts führen. Das Gutachten besagt, dass die Tunnel, die in der Anhydrit-Gesteinsschicht unter Stuttgart verlaufen, zu einem Dauersanierungsfall werden könnten. Nicht nur beim Bau sei mit Schwierigkeiten zu rechnen, sondern auch nach der Inbetriebnahme. Oberbürgermeister Kuhn meinte, ihn habe überrascht, dass sich der Bahn-Aufsichtsrat mit der Anhydritfrage noch nicht beschäftigt habe.

 

Stuttgart-21-Gegner werfen der Bahn vor, die Risiken zu verharmlosen. Aus ihrer Sicht ist die Betriebstauglichkeit des Projekts in Frage gestellt. Projektchef Leger sagte, die Bahn sei der festen Überzeugung, dass sie verantwortungsvoll baue und die Risiken beherrschen könne. «Die Politik kann die Verantwortung nicht übernehmen», sagte Hermann. Das umstrittene Vorhaben wird von der Bahn auf bis zu 6,5 Milliarden Euro kalkuliert. Sie will die Projektpartner - Land, Stadt, Verband Region Stuttgart und den Landesflughafen - an den entstandenen Mehrkosten beteiligen. Deshalb klagt die Bahn vor Gericht.

 

Kritiker halten eine Steigerung der Kosten auf bis zu zehn Milliarden Euro für möglich. «Wir haben keine Indizien dafür bekommen, dass es zehn Milliarden Euro werden», erklärte Verkehrsminister Hermann. Im Bahnvorstand ist künftig Ronald Pofalla für das Projekt zuständig. Der frühere Kanzleramtsminister nahm an dem Treffen aber nicht teil. (DPA/LSW)