Riesen-Lawine tötet Hotelgäste in Italiens Erdbebenregion

Ein Retter verschafft sich Zugang zu dem von einer Lawine verschütteten Hotel "Rigopiano" bei Farindola in den Abruzzen. Foto: The National Alpine Cliff and Cave Rescue Corps
Ein Retter verschafft sich Zugang zu dem von einer Lawine verschütteten Hotel "Rigopiano" bei Farindola in den Abruzzen. Foto: The National Alpine Cliff and Cave Rescue Corps

Eine enorme Lawine hat ein Hotel mit bis zu 35 Menschen in Italiens Erdbebenregion komplett verschüttet. Die Hoffnung, Überlebende in dem Abruzzen-Ort Farindola zu finden, war gering. «Es sind viele Tote», erklärten die Rettungskräfte. Erste Leichen wurden geborgen. Im Gebäude waren auch mehrere Kinder. Zeugen zufolge hatten die Gäste nach der Erdbebenserie vom Mittwoch auf ihre Abfahrt gewartet, die sich aber im Schneechaos verzögert habe. Mindestens zwei Menschen überlebten das Unglück. Der Zivilschutz bestätigte zwei Tote.

Schneemassen und die Gefahr weiterer Lawinen erschwerten die Rettung.

 

Bilder einer Videokamera zeigten, wie die Lawine am Mittwoch in das Vier-Sterne-Hotel Rigopiano mit 45 Zimmern eindrang. Die ersten Helfer kamen nur auf Skiern zu dem Hotel. Das Hotel soll nach Medienberichten von der Wucht der Lawine um zehn Meter verschoben worden sein. Ein Bekannter eines Überlebenden erzählte italienischen Medien, er habe Alarm ausgelöst, aber niemand habe ihm geglaubt. «Sie hatten schon die Koffer gepackt, alle Gäste wollten abreisen», sagte der Mann.

 

Nach Aussagen des Besitzers waren 24 Gäste und 11 Mitarbeiter in dem Hotel. «Das Personal hatte sich in der Bar versammelt, die Gäste waren in der Eingangshalle, weil sie abfahren wollten», sagte Bruno Di Tommaso. Medien berichteten von vier geborgenen Leichen. Der Zivilschutz bestätigte am Abend zwei Tote.

 

Im gesamten Erdbebengebiet waren tausende Helfer im Einsatz. Vier Beben, jeweils mit einer Stärke über 5, hatten das Gebiet erschüttert, das bereits im August und Oktober von Erdstößen heimgesucht worden war. Erdbeben und seit Jahrzehnten nicht da gewesene Schneefälle hätten eine beispiellose «Kneifzange» gebildet, sagte Ministerpräsident Paolo Gentiloni. Am Freitag sollte sich die Wetterlage etwas bessern. Die Polizei warnte dennoch vor weiteren Lawinen.

 

Auch Ausländer waren unter den Opfern, Hinweise auf Deutsche gab es zunächst keine. Unter den Touristen, die sich wohl noch im zugeschütteten Hotel befanden, sollten auch drei Rumänen sein - eine Mutter mit ihren beiden Kindern, teilte das Außenministerium in Bukarest mit. Ob sie überlebt haben, sei unbekannt.

 

Das Auswärtige Amt in Berlin hatte zunächst keine Erkenntnisse über deutsche Opfer: «Die Botschaft ist in engem Kontakt mit den italienischen Behörden und bemüht sich um rasche Aufklärung.»

 

Die Einsatzkräfte verschafften sich am Donnerstag Zutritt zum Hotel und suchen mit Spezialhunden, Geophonen - mit denen Bodenschwingungen erfasst werden können - und Kameras nach den Vermissten.

 

Aus dem Gebäude soll es noch am Mittwochabend einen Hilferuf per SMS gegeben haben, wie Medien berichteten. «Hilfe, Hilfe, wir sterben vor Kälte», zitierten Ansa und die Zeitung «La Repubblica» die Textnachricht.

 

«Wir rufen, aber niemand antwortet», berichteten Helfer. Die dramatische Szenerie, die sich den Helfern zeige, sei ein «tragisches Gemisch aus Erdbeben und Lawine». Die Lawine sei «immens». Einige der Rettungskräfte steckten im Schnee fest. Auch Krankenwagen kamen zeitweise wenige Kilometer von dem Hotel entfernt nicht weiter.

 

Weil sie sich im Freien aufhielten, überlebten mindestens zwei Menschen aus dem Hotel. Ein 38-Jähriger sei unversehrt geblieben, weil er zum Auto gegangen sei, um Medikamente für seine Frau zu holen, berichtete Ansa. Von seiner Frau und seinen zwei Kindern habe er keine Nachrichten.

 

Ein Bekannter des Überlebenden erzählte Medien zufolge: «Giampiero und alle anderen Hotelgäste hatten bezahlt und die Eingangshalle erreicht, um mit einem Schneeräumgerät abzufahren.» Dieses hätte um 15 Uhr kommen sollen, verspätete sich den Angaben zufolge aber. Die Staatsanwaltschaft in Pescara leitete Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung ein. Gegen wen, war unbekannt.

 

In der Nacht zu Donnerstag kam es zu weiteren Erdstößen in der Region. Einige Orte waren wegen des Schnees von der Außenwelt abgeschnitten, Tausende Haushalte ohne Strom. Die heftigen Schneefälle und die Erdbeben erhöhten die Lawinengefahr - derzeit gilt die Alarmstufe vier von fünf. Einsatzkräfte hatten bereits am Mittwochabend eine Leiche aus den Trümmern eines Hauses in der Gemeinde Castel Castagna in der Provinz Teramo geborgen.