US-Behörden vermuten auch bei Fiat Chrysler Abgasbetrug

Die Zentrale von Fiat Chrysler in Auburn Hills, Michigan, USA. Foto: Rena Laverty
Die Zentrale von Fiat Chrysler in Auburn Hills, Michigan, USA. Foto: Rena Laverty

Nach Volkswagen ist in den USA ein zweiter großer Autobauer wegen möglichen Abgasbetrugs ins Visier der Behörden geraten. Der italienisch-amerikanische Branchenriese Fiat Chrysler stehe im Verdacht, bei rund 100 000 Dieselwagen die Emissionswerte von Stickoxiden gefälscht zu haben, teilte das US-Umweltamt EPA in Washington mit. Es geht um Software zur Abgaskontrolle, die Fiat Chrysler den Regulierern nicht offengelegt und so gegen Umweltgesetze verstoßen habe.

Fiat Chrysler geht indes davon aus, sich mit der Abgastechnik im legalen Rahmen zu bewegen.

Anlegern jagte die Nachricht einen gehörigen Schrecken ein. Die Fiat-Chrysler-Aktie stürzte an der New Yorker Börse um knapp 18 Prozent ab und wurde zwischenzeitlich vom Handel ausgesetzt. Zuletzt lag der Kurs mit knapp neun Prozent im Minus.

 

Ob es sich bei den beanstandeten Programmen wie bei Volkswagen um illegale Abschalteinrichtungen («defeat devices») handelt, muss laut EPA allerdings erst noch ermittelt werden.

 

Betroffen seien etwa 104 000 SUV und Pick-up-Trucks der Typen Jeep Grand Cherokee und Dodge Ram 1500 der Modelljahre 2014 bis 2016 mit 3,0-Liter-Dieselmotoren. Der Hersteller müsse nun belegen, dass er keine verbotene Software einsetze. Der EPA zufolge könnte eine Strafe von bis zu 44 539 US-Dollar je Auto drohen. Insgesamt wären das rund 4,63 Milliarden Dollar (4,34 Milliarden Euro).

 

In einer Stellungnahme kündigte der Konzern an, nach dem Regierungswechsel in den USA am 20. Januar im Sinne einer raschen Lösung mit den Behörden kooperieren zu wollen. Man sei enttäuscht über das Vorgehen der EPA. Konzernchef Sergio Marchionne trat Vergleichen mit VW entgegen - der Fall habe nichts mit den Abschalteinrichtungen des deutschen Rivalen gemein.

 

Die EPA wies jedoch in einer Telefonkonferenz darauf hin, dass Fiat Chrysler bereits gegen das US-Luftreinhaltegesetz «Clean Air Act» verstoßen habe, indem der Hersteller die zweifelhaften Programme bei der Zertifizierung der Autos verschwiegen habe. Allein dies könne schon Bußgelder und Strafen nach sich ziehen.

 

Wie hoch die Abweichungen beim Ausstoß des Schadstoffs Stickoxid durch den Einsatz der nicht offengelegten Software zwischen Testmodus und Normalbetrieb auf der Straße ausfallen, werde noch untersucht. «Wir prüfen die Art und Auswirkungen dieser Einrichtungen weiter», kündigte Cynthia Giles von der kalifornischen Umweltbehörde Carb an.

 

Nur einen Tag zuvor hatte das US-Justizministerium einen 4,3 Milliarden Dollar teuren Vergleich mit VW wegen Abgas-Manipulationen verkündet. Im September 2015 hatte die EPA den Wolfsburgern erstmals öffentlich vorgeworfen, in großem Stil Abgaswerte bei Dieselwagen manipuliert zu haben. Dies stürzte VW in die tiefste Krise seiner Geschichte und führte zu enormen Kosten.

 

Insgesamt akzeptiert Volkswagen in US-Rechtsstreits mit Kunden, Autohändlern und Behörden Strafen und Entschädigungen in Höhe von mehr als 20 Milliarden Dollar. Bislang ist der Fall aber noch nicht direkt mit Fiat Chrysler vergleichbar. Auch die Größenordnungen unterscheiden sich deutlich - bei VW sind fast 600 000 US-Diesel betroffen.

 

Der Verdacht gegen Fiat Chrysler ist nicht neu. In Deutschland hatte das Kraftfahrt-Bundesamt 2016 ebenfalls Auffälligkeiten bei der Abgasreinigung von Fiat-Modellen entdeckt. (DPA)