Wie sich Digitalisierung auf Job-Zufriedenheit auswirkt

Ein Anruf vom Chef am späten Abend? Privatleben und Arbeit haben sich vermischt. Arbeitnehmer wünschen sich da klare Grenzen. Foto: Monika Skolimowska
Ein Anruf vom Chef am späten Abend? Privatleben und Arbeit haben sich vermischt. Arbeitnehmer wünschen sich da klare Grenzen. Foto: Monika Skolimowska

Das Dienst-Handy vibriert vor dem Einschlafen. Gleichzeitig können Mails schon beim Frühstücken im Pyjama beantwortet werden. Wie kommen Menschen damit zurecht, dass ihre Arbeit immer digitaler wird? Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat dazu fast 10 000 Beschäftigte befragt. Wenig überraschend: Als übergeordneter Interessenvertreter der Arbeitnehmer sieht sich der DGB bestätigt. Durch die Möglichkeiten der Digitalisierung sei der Feierabend in Gefahr, die Arbeits-belastung zu hoch, das Mitspracherecht beim Einsatz von Technik zu gering.

Doch es gibt auch Stimmen, die die Chancen einer digitaleren Arbeitswelt betonen.

 

Wie wirkt sich Digitalisierung auf den Arbeitsdruck subjektiv aus?

«Wir müssen leider feststellen, dass sich die Arbeitsbelastung erhöht hat», kommentierte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann in Berlin die Ergebnisse der repräsentativen Studie. Ein Großteil der Befragten vertritt diese Meinung (46 Prozent). Auf der anderen Seite gibt aber ein fast so großer Teil (45 Prozent) an, dass die Arbeitslast gleichgeblieben sei.

 

Ganz anders bewerten die Arbeitgeber den technologischen Fortschritt. Durch Digitalisierung erfahren Beschäftigte «verringerte Anforderungen», «körperliche Erleichterung» und «größere Entscheidungsfreiheit», sagt der Hauptgeschäftsführer der
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter.

 

Aber was läuft nach Sicht der Beschäftigten denn falsch?

Arbeitnehmer müssen sich ständig auf neue Maschinen oder Computerprogramme einstellen. Das kann für Abwechslung, aber auch für Frust sorgen. Viele kämen mit der ständigen Umstellung nicht klar, sagte der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis. Das Hauptproblem: 74 Prozent der Befragten beklagen sich in der DGB-Studie über eine mangelnde Mitsprache, wie Technik im Betrieb eingesetzt wird.

 

Unklar sei vor allem die Frage der persönlichen Erreichbarkeit. Wann fängt Arbeit an, wann beginnt das Privatleben? Muss man mitten in der Nacht auf eine Mail antworten, oder hat das Zeit? «Viele Arbeitnehmer fühlen sich extrem unter Druck gesetzt», betonte Vassiliadis.

 

Okay - aber wie sieht die Digitalwirtschaft diese Entwicklung?

Der IT-Branchenverband Bitkom erkennt in der Digitalisierung eine «riesige Chance» für die Beschäftigten, ebenso für die Arbeit in den Betrieben und den Standort Deutschland. Neue, spannende Jobs entstünden - nicht trotz, sondern wegen der Digitalisierung, sagte Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder.

 

Zudem sei es möglich, flexibler zu arbeiten, weil Aufgaben nicht mehr zwangsläufig vom Schreibtisch aus im Unternehmen erledigt werden müssten. «Digitalisierung bietet auch die Möglichkeit, erstmals seit Jahrzehnten Produktion und Wertschöpfung - und damit Arbeitsplätze - zurück nach Deutschland zu holen, weil die Produktivität durch Digitalisierung stark steigt», erklärte Rohleder.

 

Was ist die Ursache dafür, dass sich trotzdem viele von Technik gestresst fühlen?

Oft fehle das nötige Wissen, wie man digitale Hilfsmittel richtig einsetzen könne, heißt es bei Bitkom. Digitalkompetenz müsse deshalb schon vor dem Beruf vermittelt werden - in Schule, Ausbildung, Hochschulen. Und: «Die Unternehmen müssen verstehen, dass Weiterbildung zu Digitalthemen kein «Nice-to-have» ist, sondern zum Pflichtprogramm jedes einzelnen Mitarbeiters gehört», sagt Rohleder. Nach einer Umfrage des Bundesverbands gehen neun von zehn Unternehmen davon aus, dass die Digitalkompetenz der Beschäftigten genauso wichtig wird wie ihre fachliche oder soziale Kompetenz. (DPA/TMN)