BGH kippt Extra-Kosten für Bausparer

2015 gab es knapp 30 Millionen Bausparverträge in Deutschland. Foto: Daniel Karmann
2015 gab es knapp 30 Millionen Bausparverträge in Deutschland. Foto: Daniel Karmann

Die Deutschen sind eifrige Bausparer. Aber sind die Konditionen immer verbraucherfreundlich? In einem Grundsatz-Urteil zu Extra-Gebühren sagt der Bundesgerichtshof (BGH): Nein. Wer Glück hat, profitiert von der Entscheidung von Dienstag in barer Münze. Bausparen - wie funktioniert das gleich wieder? Bausparen ist eine Kombination aus Geld ansparen und Geld leihen. Der Kunde verpflichtet sich, einen Teil der Bausparsumme über die Jahre selbst einzuzahlen.

Die Differenz kann er nach einer bestimmten Zeit als Darlehen in Anspruch nehmen, sobald der Vertrag «zuteilungsreif» ist. Im Unterschied zu einem normalen Immobiliendarlehen steht die Höhe der Zinsen weit im Voraus fest und der Kredit kann vorzeitig ohne Extra-Kosten zurückgezahlt werden. Bausparer können außerdem von staatlicher Förderung wie der Wohnungsbauprämie profitieren.

 

Wie verbreitet ist Bausparen?

Nach Zahlen des Verbands der Privaten Bausparkassen gab es 2015 knapp 30 Millionen Bausparverträge in Deutschland. Damit komme auf jeden zweiten Haushalt mindestens ein Vertrag. 2,7 Millionen Verträge wurden im vergangenen Jahr neu abgeschlossen. Unter den zwölf privaten Bausparkassen sind Schwäbisch Hall, Wüstenrot und BHW die größten. Im öffentlich-rechtlichen Bereich teilen sich acht Landesbausparkassen den Markt regional auf.

 

Worum ging es vor dem BGH?

Um eine Klage von Verbraucherschützern gegen die Bausparkasse Schwäbisch Hall wegen einer Darlehensgebühr. Solche Gebühren gibt es vor allem in älteren Tarifen. Sie werden fällig, wenn der Bausparer den Kredit in Anspruch nehmen möchte. In dem Fall war eine Gebühr in Höhe von zwei Prozent der Darlehenssumme vorgesehen. Für 30 000 Euro Kredit wären das immerhin 600 Euro. Nicht zu verwechseln ist die Darlehensgebühr mit der Abschlussgebühr, die üblicherweise für Neu-Bausparer anfällt. Diese Gebühr hat der BGH 2010 bestätigt.

 

Was sagen die Karlsruher Richter dazu?

Sie sehen die Bausparer unangemessen benachteiligt und erklären die Klausel für unwirksam - damit ist die Gebühr mit sofortiger Wirkung gekippt. Ganz ähnlich hatte der Senat schon einmal 2014 geurteilt, als er es mit Bearbeitungsentgelten zu tun hatte, die Banken ihren Kunden unabhängig von der Laufzeit des Kredits in Rechnung stellten. Finanzinstitute dürften Kosten, die im eigenen Interesse entstehen, nicht einfach abwälzen, hieß es damals. Für Bauspardarlehen gilt das genauso, entschieden die Richter nun, so groß seien die Unterschiede nicht. Die Bausparkassen hatten versucht, die Gebühr mit den besonderen Vorteilen ihrer Darlehen zu rechtfertigen - vergeblich.

 

Welche Auswirkungen hat das?

Nach den Urteilen von 2014 konnten Bankkunden das gezahlte Bearbeitungsentgelt zurückfordern. Wie viele das getan haben, ist unklar. Einen Musterbrief der Stiftung Warentest hatten bis Februar 2016 aber zum Beispiel fast zwei Millionen Menschen heruntergeladen. Die Darlehensgebühr findet sich nach Auskunft der Dachverbände bei keiner Bausparkasse mehr in Neuverträgen. Schwäbisch Hall hat sie nach eigenen Angaben bereits 2000 abgeschafft. Wüstenrot bietet seit Oktober 2013 keine Tarife mit der Gebühr mehr an. Vorteile hätten also Darlehensnehmer, bei denen Rückzahlungsansprüche nicht verjährt sind, und Bausparer in der Sparphase. Zahlen gibt es dazu nicht.

 

Ist damit die Rechtslage endgültig geklärt?

Nein, denn ein heißes Eisen bleibt in der Niedrigzinsphase der Streit um hoch verzinste Altverträge. Für deren Inhaber kann es lohnen, das Darlehen trotz Zuteilungsreife nicht in Anspruch zu nehmen, um möglichst lange von den Guthabenzinsen der 90er Jahre zu profitieren - zumal normale Baukredite günstig zu haben sind. Die Bausparkassen bringt das in Schwierigkeiten. Sie haben seit 2015 bereits etwa eine Viertelmillion Verträge gekündigt. Einige Oberlandesgerichte haben sie darin bestätigt, es gibt aber auch Urteile im Sinne der Bausparer. Wer Recht hat, klärt der BGH voraussichtlich 2017. (DPA)