Regierung besorgt über Hasskriminalität

Einer von zu vielen Fällen: Feuerwehrfahrzeug vor einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in Bautzen. Foto: Rico Löb/Archiv
Einer von zu vielen Fällen: Feuerwehrfahrzeug vor einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in Bautzen. Foto: Rico Löb/Archiv

Die Bundesregierung hat sich besorgt über die drastische Zunahme von Hasskriminalität und strafbaren «Hasspostings» im Internet geäußert. So sei die Zahl der Fälle von Hasskriminalität - Straftaten, die sich etwa gegen politische Einstellungen, Nationalitäten, Hautfarben oder Religionen richten - 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 77 Prozent auf 10 373 Fälle gestiegen. So steht es im Abschlussbericht zum Bürgerdialog «Gutes Leben in Deutschland», der der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt.

Dies sei ein Negativrekord seit Beginn der Statistik im Jahr 2001.

 

Der Anstieg der Hasskriminalität im Internet wird auf 176 Prozent beziffert, 2015 wurden 3084 sogenannte Hasspostings registriert. Die Zahlen stammen aus der bereits vom Bundesinnenministerium veröffentlichten polizeilichen Kriminalstatistik 2015.

 

Die Linke forderte die Regierung angesichts der Entwicklung zum Handeln auf. «Die Bundesregierung muss den Kampf gegen rechten Terror endlich zur Chefsache machen», verlangte die Linken-Vorsitzende Katja Kipping. Von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwarte sie eine entsprechende Ankündigung in einer Regierungserklärung, von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) einen entsprechenden Maßnahmenplan.

 

Unions-Fraktionsvize Stephan Harbarth forderte von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) konkrete Vorschläge. «Wir können nicht noch mehr Zeit mit Runden Tischen und Arbeitsberichten, die noch Monate auf sich warten lassen, verlieren», sagte Harbarth in Berlin. Die Union sei schon lange bereit, bei dem Thema Hasskriminalität im Internet die Daumenschrauben anzuziehen und die Anbieter stärker in die Verantwortung zu nehmen.

 

In dem Bericht, aus dem auch die «Passauer Neue Presse» zitierte, wird die Diskrepanz hervorgehoben zwischen den Entwicklungen und einem der wichtigsten Wünsche, die sich im Bürgerdialog zeigten: Dies sei Toleranz und ein rücksichtsvoller Umgang miteinander. Als Reaktion auf die Sorgen der Bürger versichert die Regierung in dem Papier, man gehe «gegen diese besorgniserregenden Entwicklungen mit aller Entschlossenheit vor».

 

Die Bürger hätten in der Umfrage - zu deren Zeitpunkt die Flüchtlingsdebatte im vergangenen Jahr schon weitgehend im Gange war - auch «ihre Sorge bezüglich der Zunahme rechtsextremistischer Gewalt und rechtsradikalen Terrors» betont. «In dieser Entwicklung sahen sie eine große Gefahr für den Rechtsstaat, die es dringend abzuwehren gilt», heißt es in dem Papier.

 

Der Bericht soll an diesem Mittwoch im Kabinett beraten werden. Die Bundesregierung hatte die Bürger von April bis Oktober 2015 in einem Bürgerdialog zum Thema Lebensqualität befragt. Rund 16 000 Menschen beteiligten sich online, per Post oder nahmen an den etwa 200 Foren teil, bei denen Regierungsmitglieder und auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den Dialog suchten. Bürger konnten auch auf der Website gut-leben-in-deutschland.de mitwirken.

Die Bundesregierung will aus den Erkenntnissen, die der Bericht festhält, Handlungshinweise für ihre Regierungsarbeit ableiten. Nach Angaben aus Regierungskreisen kostete das über zwei Jahr laufende Projekt etwas mehr als 3,5 Millionen Euro.

 

Regierungskreisen zufolge haben sich in der Bürgerbefragung mehrere besonders wichtige Themen herauskristallisiert. So seien Frieden und Sicherheit die für die Menschen zentralen Voraussetzungen für Lebensqualität. An zweiter Stelle stehe das Thema Lohn und Einkommen - die Menschen wollten gute Arbeit und angemessen bezahlt werden. Hiermit verbunden sei aber auch eine Flexibilität bei der Verfügbarkeit von Zeit wichtig gewesen. Zudem hätten die Chancen für eigenverantwortliches Handeln und Entscheiden sowie der Bereich Bildung im Zentrum gestanden. (DPA)