Palmer für Abschiebung gewaltbereiter Syrer

Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen). Foto: Marijan Murat/Archiv
Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen). Foto: Marijan Murat/Archiv

Tübingen (dpa/lsw) - Der grüne Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer hat sich für eine Abschiebung gewaltbereiter Flüchtlinge auch nach Syrien ausgesprochen und dafür scharfe Kritik aus der eigenen Partei geerntet. Der «Stuttgarter Zeitung» (Samstag) sagte Palmer: «Es gibt Verhaltens-weisen, die dazu führen, dass man sein Aufenthaltsrecht und Schutzbedürfnis verwirkt. Wenn sich jemand nicht an elementare Regeln hält, sind wir berechtigt zu sagen, für euch greift das Asylrecht nicht mehr.»

Zwar gilt Syrien nicht als sicheres Herkunftsland, in das abgeschoben werden darf. Trotzdem meinte Palmer: «Es gibt auch in Syrien Gebiete, die nicht im Krieg sind.»

 

Palmer, der schon oft mit seinen Ansichten in seiner eigenen Partei angeeckt ist, bekam für seine Worte viel Kritik zu hören, vornehmlich aus dem linken Lager. Die Grünen-Bundeschefin Simone Peter lehnte Palmers Vorstoß ab. «Klassischer Palmer-Nonsens», schrieb sie auf Twitter. Der Deutschen Presse-Agentur sagte Peter: «Boris Palmer sollte wissen, dass Flüchtlinge aus Bürgerkriegsländern wie Syrien einen völkerrechtlich garantierten Schutzanspruch haben und deshalb nicht zurückgeschoben werden dürfen.»

 

Ende Juli hatte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) mit einem ähnlichen Vorstoß für Diskussionen gesorgt. Er forderte, Flüchtlinge schon bei geringen Straftaten konsequent abzuschieben - auch in Krisengebiete. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hielt dagegen, Abschiebungen von Flüchtlingen in Konfliktgebieten seien ein genereller Verstoß gegen das Völkerrecht.

 

Britta Haßelmann, die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, sagte am Samstag der Deutschen Presse-Agentur zu Palmers Forderung: «Von Tübingen aus lässt sich einfach darüber nachdenken, ob und wohin man nach Syrien abschieben könnte.» Palmer solle bedachter formulieren, «sonst darf er sich über den Applaus von falscher Seite nicht wundern». Gewalt und Straftaten würden in Deutschland mit dem Strafrecht geahndet.

 

Palmer zog auch auf seiner Facebook-Seite Kritik auf sich - wegen der Lebensgefahr im Kriegsgebiet Syrien. Der Rathaus-Chef hielt dagegen, dass es in Syrien auch eine große Zahl an Binnenflüchtlingen gebe. Mit Blick auf vereinzelte Gewalttaten von Flüchtlingen in Deutschland sagte er: «Wie erkläre ich denn der Familie eines Opfers, dass der Täter noch im Land ist, obwohl er so aggressiv war? Da ist die Antwort "In Syrien ist es unsicher" wenig befriedigend.»

 

Palmer forderte in dem Interview eine Debatte über unbequeme Themen. Zu seiner eigenen Zukunft sagte der 44-Jährige, dass er sich auch eine Aufgabe in der Wirtschaft vorstellen könne. «Reizvoller als andere politische Ämter fände ich die Herausforderung, in der Wirtschaft etwas zu bewegen», sagte er. «Es wäre spannend, sich darum zu kümmern, dass endlich mehr Windräder laufen, bei Daimler mehr grüne Autos gebaut werden oder die Bahn pünktlich fährt.» (DPA/LSW)