Arbeitsrechtler: Streikrisiko für Gewerkschaften gestiegen

Für Gewerkschaften ist das Risiko gestiegen, bei Streikfehlern Schadensersatz zahlen zu müssen. Foto: Patrick Seeger/Archiv
Für Gewerkschaften ist das Risiko gestiegen, bei Streikfehlern Schadensersatz zahlen zu müssen. Foto: Patrick Seeger/Archiv

Nach Einschätzung von Arbeitsrechtlern hat sich das finanzielle Risiko für Gewerkschaften bei Arbeitskämpfen durch ein aktuelles Urteil des Bundesarbeits-gerichts deutlich erhöht. «Das Streikrisiko ist aus meiner Sicht in unzumutbarer Weise gestiegen», sagte der Bremer Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Höhere Streikrisiken sieht auch der Bonner Arbeitrechtler Gregor Thüsing. Er sprach jedoch von «zumutbaren Erschwernissen.»

 

 

Ende Juli hatte das Bundesarbeitsgericht einen Streik der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) am Frankfurter Flughafen für rechtswidrig erklärt und dem Betreiber Fraport Schadenersatz zugesprochen - es geht um bis zu 5,2 Millionen Euro.

 

Grund war, dass einzelne Streikforderungen der kleinen Lotsengewerkschaft noch der Friedenspflicht unterlagen. Die höchsten deutschen Arbeitsrichter machten deutlich, dass bereits ein einziger Verstoß bei der Friedenspflicht einen Arbeitskampf rechtlich infrage stellt. Nun gelte bei Arbeitskämpfen im übertragenen Sinne, «ein faules Ei verdirbt das Omelett», sagte Thüsing.

 

Der Bonner Professor für Arbeitsrecht sprach von einer überraschenden Entscheidung. «Es ist bemerkenswert, dass das Bundesarbeitsgericht erstmals ernst gemacht hat mit Schadenersatz bei einem Streik.» Das könnte dazu führen, dass Schadenersatzforderungen bei Streikfehlern der Gewerkschaften in der Zukunft häufiger zu finanziellen Konsequenzen führten.

 

Eine Benachteiligung kleiner Gewerkschaften wie der GdF, die mit ehrenamtlichen Funktionären agiert, sieht Thüsing nicht. Alle Gewerkschaften müssten nun genau prüfen, mit welchen Forderungen sie in Arbeitskämpfe zögen.

 

Der Bremer Professor Däubler sagte, bereits jetzt würden die Arbeitgeber nach seiner Beobachtung genau ausloten, ob sie rechtlich gegen Streiks vorgehen können. «Nun müssen die Gewerkschaften noch vorsichtiger sein.»

 

Däubler hätte sich eine Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenforderung bei Streiks vom Bundesarbeitsgericht gewünscht. «Dass jede, auch unbedeutende Forderung bei Verletzung der Friedenspflicht zu einem rechtswidrigen Streik führten kann, halte ich nicht für richtig», sagte er.

 

Im Rechtsstreit der GdF mit der Fraport AG ging es darum, dass für einige Regelungen zum Gesundheitsschutz von Arbeitnehmern der Tarifvertrag noch bis Ende 2017 galt. (DPA)