May ernennt Boris Johnson zum britischen Außenminister

Der Brexit-Wortführer und Londoner Ex-Bürgermeister Boris Johnson wird neuer britischer Außenminister. Foto: Andy Rain/Archiv
Der Brexit-Wortführer und Londoner Ex-Bürgermeister Boris Johnson wird neuer britischer Außenminister. Foto: Andy Rain/Archiv

Drei Wochen nach dem historischen Brexit-Votum ist die Konservative Theresa May von Königin Elizabeth II. zur neuen britischen Premierministerin ernannt worden. Noch am Abend besetzte sie wichtige Posten in ihrem Kabinett neu, um die Weichen für den geplanten EU-Austritt zu stellen. Boris Johnson, einer der wichtigsten Kämpfer für den EU-Austritt, ist überraschend zum Außenminister ernannt worden. Der frühere Londoner Bürgermeister galt zunächst als Favorit im Rennen um den Premierposten, verzichtete aber auf eine Kandidatur.

Der Abgeordnete David Davis ist als Minister für den geplanten Brexit zuständig.

 

Den bisherigen Außenminister Philip Hammond ernannte May zum neuen Schatzkanzler. Finanzminister George Osborne trat zurück, teilte Downing Street weiter mit. Hammond dürfte bei den anstehenden Austrittsverhandlungen mit der EU nun eine wichtige Rolle spielen.

 

Liam Fox wird Minister für internationale Handelsbeziehungen - ebenfalls ein wichtiges Amt mit Blick auf den geplanten Brexit. Liam gehörte zu den insgesamt fünf Kandidaten, die Premierminister werden wollten. Zudem rückt die Abgeordnete Amber Rudd an Spitze des Innenministeriums. Das Ministerium wurde zuvor von May geführt.

 

In einer ersten Rede betonte die 59-jährige vor dem Regierungssitz in der Downing Street, dass sie gegen die «brennende Ungerechtigkeit» kämpfen will. Großbritannien müsse eine Union aller Bürger sein, betonte May in ihrer Rede. Sie werde keine Entscheidungen treffen, die von den Interessen einiger weniger Privilegierter getrieben seien. «Gemeinsam werden wir ein besseres Britannien bauen.»

 

May ist die erste Frau an der Regierungsspitze seit dem Rücktritt von Margaret Thatcher 1990. Sie würdigte ihren Vorgänger David Cameron, der nach dem Votum der Briten für einen Austritt aus der EU zurückgetreten war. Cameron hatte seine Frau und drei Kinder mit in den Buckingham-Palast gebracht. May wurde von ihrem Mann begleitet.

 

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) freut sich auf die Zusammenarbeit mit May. Sie werde bald mit ihr in Kontakt treten, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Auf die Frage, welche Erwartungen die Kanzlerin an die Verhandlungen von May mit der Europäischen Union über den Ausstieg Großbritanniens aus der EU habe, sagte er: «Nun wollen wir die britische Seite ihre Entscheidungen treffen lassen. Da gibt es heute keine neuen Erwartungen.»

 

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will rasch mit May über die Folgen des Brexit-Votums sprechen. In seinem Glückwunschschreiben an die Regierungschefin schrieb er: «Das Ergebnis des Referendums im Vereinigten Königreich hat eine neue Lage geschaffen, die das Vereinigte Königreich und die Europäische Union bald angehen müssen.»

 

Auch der russische Präsident Wladimir Putin gratulierte May. Putin habe in einem Telegramm seine Bereitschaft zu einem konstruktiven Dialog mit der Premierministerin betont, teilte der Kreml mit.

 

Cameron sagte, Großbritannien solle der EU auch künftig «so nahe bleiben, wie wir nur können». Wenige Stunden vor seinem offiziellen Abgang verabschiedete er sich mit launigen Worten vom Parlament. «Ich war einmal die Zukunft», sagte er nach sechsjähriger Amtszeit unter großem Beifall der Abgeordneten. «Ich werde die Rufe der Menge vermissen, ich werde die Buhs der Opposition vermissen.»

 

Cameron, der für den Verbleib in der EU kämpfte, gibt sein Amt wegen der schweren Niederlage beim Brexit-Referendum vom 23. Juni auf. 52 Prozent der Wähler hatten für den Austritt aus der EU gestimmt. Cameron hatte das Referendum selbst initiiert. May setzte sich im Wahlkampf ebenfalls für den Verbleib in der EU ein, aber nur sehr verhalten. Nun will sie die zerstrittene Tory-Partei einigen.

 

Wichtigste Aufgabe Mays wird es in den nächsten Monaten sein, den geplanten Austritt aus der Europäischen Union zu regeln. Ein genaues Datum für den Beginn der formellen Austrittsverhandlungen gab May bisher nicht an - Brüssel mahnt aber rasches Handeln an.

 

Zudem kommt es für die neue Premierministerin darauf an, negative wirtschaftliche Folgen des Brexit-Votums zu mildern. Bereits am Donnerstag dürfte die Bank of England die Leitzinsen senken, um so die lahmende Konjunktur anzukurbeln.

 

Während die Konservativen ihre Brexit-Krise schneller als erwartet beilegten, geht der Aufruhr bei der Opposition weiter. Die Labour-Partei steuert auf eine Urwahl der Parteibasis um den Vorsitzendenposten zu. Der unter Druck stehende Vorsitzende Jeremy Corbyn dürfte dabei der Abgeordneten Angela Eagle gegenüberstehen. Kritiker werfen Corbyn vor, die Partei sei unter seiner Führung bei jüngsten Wahlen und beim EU-Referendum gescheitert. (DPA)