Gas wird günstiger

Seit der Liberalisierung des Gasmarkts vor zehn Jahren hat fast ein Drittel der Haushalte den Versorger gewechselt. Foto: Norbert Försterling
Seit der Liberalisierung des Gasmarkts vor zehn Jahren hat fast ein Drittel der Haushalte den Versorger gewechselt. Foto: Norbert Försterling

Deutschlands rund 20 Millionen private Gaskunden können sich freuen: Der Brennstoff für die Thermen in den Haushalten wird voraussichtlich auch in der zweiten Jahreshälfte günstiger. Längerfristig könnten die Kosten aber wieder steigen, sagen Experten. Das Vergleichsportal Check24 hat für die ersten sechs Monate einen Rückgang um 3,7 Prozent ermittelt. Der Trend werde jedoch nicht mehr sehr lange anhalten: «Wir sind auf einem historisch niedrigen Niveau, kurzfristig geht es noch runter, dann aber auch wieder rauf.»

 

Die Gasmärkte hätten sich von der direkten Bindung an den Ölpreis zwar weitgehend gelöst. Ein Teil der Kopplung wirke indes nach - mit dem Ergebnis, dass der Gaspreis oft den jüngsten Tiefständen beim Rohöl folge. Hinzu komme das große globale Angebot an Erdgas.

 

Beim Konkurrenten Verivox steht der Preisindex für Gas aktuell bei 6,13 Cent je Kilowattstunde. Vor zwei Jahren waren es noch 6,69 Cent, das entspricht einem Rückgang um 8,4 Prozent. Allein in den vergangenen zwölf Monaten wurde Gas um gut 6 Prozent billiger.

 

Eine Durchschnittsfamilie mit zwei Kindern im Einfamilienhaus zahlt damit für ihren Gas-Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden laut Verivox derzeit knapp 1230 Euro. Während der ersten sechs Monate 2016 sind die Kosten um 49 Euro oder fast 4 Prozent gesunken. Rund die Hälfte der 709 Grundversorger drückte im ersten Halbjahr die Gaspreise um durchschnittlich 5 Prozent. Für die kommenden Monate gibt es gut 20 Ankündigungen für Senkungen um im Schnitt 7 Prozent.

 

Anders als beim Strom ist beim Gas das nötige Leitungsnetz weitgehend vorhanden und gut ausgebaut. Es fließen aber auch hier viele Faktoren in die Verbraucherpreise ein. «Der Endkundenpreis hängt nur zu etwas mehr als der Hälfte von den Beschaffungskosten ab», erklärt Anke Tuschek vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). «Neben diesen Einkaufskosten für Erdgas setzt sich der Preis auch aus den Netzentgelten sowie den Steuern und Abgaben auf Erdgas zusammen.»

 

Ende 2015 hatte der Energieexperte Steffen Bukold in einer Studie allerdings auch argumentiert, dass etliche Gasversorger deutlich mehr Einsparungen aus dem Einkauf an die Kunden weiterreichen könnten. Neue Wohngebäude werden in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts immer noch mehrheitlich mit Gasheizungen ausgestattet.

 

Laut BDEW können Verbraucher in fast allen Regionen heute zwischen mehr als 30 verschiedenen Anbietern auswählen. Seit der Liberalisierung des Gasmarkts vor zehn Jahren habe bis zum ersten Quartal 2016 fast ein Drittel der Haushalte den Versorger gewechselt.

 

Eine große Zunahme der Netzentgelte, die die Verbraucher zahlen müssen, ist beim Gas eher nicht zu befürchten. Der Anteil der Netzkosten für Haushaltskunden stagniert seit Jahren laut Bundesnetzagentur bei knapp unter einem Fünftel des Gaspreises.

 

Das klingt gut für die Konsumenten - und doch zahlen viele mehr, als sie müssten. Fast ein Viertel der Gaskunden sind nach jüngsten Zahlen der Bundesnetzagentur von 2015 in der Grundversorgung - sie haben also weder Anbieter noch Tarif gewechselt. Zwischen dem günstigsten und dem teuersten Tarif liegen oft mehrere hundert Euro im Jahr.

 

Es gibt aber auch Kritik an den Unternehmen. «Die Preise für Strom und Gas müssten eigentlich auf breiter Front zurückgehen», sagt die Grünen-Bundestagsabgeordnete Bärbel Höhn. «Die Versorger können sich jetzt auch nicht mehr mit langfristigen Lieferverträgen herausreden, weil die Preise im Einkauf schon so lange auf Talfahrt sind.»

 

Der deutsche Gesamtverbrauch an Gas nimmt weiter zu. Nach Daten der Internationalen Energieagentur (IEA) legte er im ersten Quartal im Vergleich zum ersten Vierteljahr 2015 um 7,7 Prozent zu. Insgesamt wurden von Januar bis März 30,7 Milliarden Kubikmeter Gas genutzt. (DPA)