Kohlschreiber stürmt mit «Sieg des Willens» ins Halbfinale

Philipp Kohlschreiber beim ATP-Turnier in Stuttgart. Foto: Marijan Murat
Philipp Kohlschreiber beim ATP-Turnier in Stuttgart. Foto: Marijan Murat

Mit einem «Sieg des Willens» ist Philipp Kohlschreiber als erster Deutscher seit drei Jahren beim ATP-Tennisturnier in Stuttgart ins Halbfinale gestürmt. «Ich bin natürlich happy, dass ich gewonnen habe», sagte die deutsche Nummer eins nach dem hart erkämpften 6:4, 7:5-Erfolg gegen Radek Stepanek am Freitag. Zuvor musste Turnierfavorit Roger Federer auf seinem Lieblingsbelag Rasen gegen Außenseiter Florian Mayer ungewohnt hart kämpfen.

Erst nach zwei Tiebreaks machte der siebenmalige Wimbledon-Gewinner seinen Einzug in die Runde der letzten Vier perfekt.

 

«Es ist schön, wenn dir dein Service in kritischen Situationen hilft», sagte der Schweizer nach dem mühevollen 7:6 (7:2), 7:6 (7:1) gegen den nach langer Verletzungspause auf Weltranglistenposition 226 abgestürzten Deutschen. «Ich bin total happy und zufrieden. Es war gut, dass das Match lang und hart war.» In der Vorschlussrunde des mit 675 645 Euro dotierten Rasenevents trifft Kohlschreiber nun auf Juan Martin del Potro. Der Argentinier bezwang den Franzosen Gilles Simon 6:7 (3:7), 6:3, 6:0.

 

Federer bekommt es nun am Samstag mit Senkrechtstarter Dominic Thiem zu tun. Der French-Open-Halbfinalist bezwang im Viertelfinale nach ebenfalls hartem Kampf den Russen Michail Juschni mit 3:6, 6:4, 7:5. «Ich bin extrem glücklich. Ich hätte das ganz ehrlich nicht erwartet», sagte der junge Österreicher.

 

Je ein Break pro Satz reichte Kohlschreiber schließlich zum Sieg gegen den tschechischen Qualifikanten Stepanek. «Es war ein hartes Stück Arbeit», sagte der siebenmalige ATP-Turniersieger. «Es war nicht mein bestes Spiel, und ich habe schwer in meinen Rhythmus gefunden.» Auf dem Weissenhof stand Kohlschreiber 2013 sogar schon einmal im Endspiel. «Ich habe mein Minimalziel erreicht und kann nun locker aufspielen», sagte er.

 

Mehr als angenehmen Nebeneffekt bewertete Federer den Fakt, dass er in der Rekordliste mit nunmehr 1072 Siegen einen Sieg mehr als Ivan Lendl (1071) aufweist und Gesamtzweiter ist. Jimmy Connors liegt mit 1256 Erfolgen in dieser Statistik uneinholbar vorn. «Es ist nicht unbedingt wichtig, aber ein schönes Gefühl», sagte er. «Für mich waren Lendl und Connors unerreichbar, als ich noch klein war.»

 

Federer war deutlich anzumerken, dass ihm nach vierwöchiger Pause die Wettkampfpraxis fehlt und er noch einiges von seiner gewohnten Form speziell auf Rasen entfernt ist. Dem sonst so präzisen und perfekten Weltranglisten-Dritten unterliefen ungewöhnlich leichte Fehler, auf die er mit Kopfschütteln und unzufriedenem Murmeln reagierte.

 

Nach 1:25 Stunden und überzeugender Dominanz in den beiden Tiebreaks hatte Federer seine Schwerstarbeit schließlich verrichtet. «Es ist schön, auf dem Platz zurück zu sein und zwei Spiele in Folge zu gewinnen», sagte der 17-malige Grand-Slam-Gewinner.

 

Mayer konnte mit seinen Leistungen trotz des Ausscheidens zufrieden sein. Der 32 Jahre alte Bayreuther brachte den klaren Favoriten Federer mehrfach stark in Bedrängnis. Auch ihm merkte man an, dass er neun Monate lang verletzt pausieren musste. Aber sein Vorstoß von der Qualifikation ins Viertelfinale auf dem Weissenhof war bemerkenswert. «Leider hat es nicht gereicht», sagte Mayer nach der verpassten Sensation. «Man hat gesehen, er hat gewackelt. Roger ist sicher weit von seiner Bestform entfernt.»

 

Thiem strahlte nach seinem zweiten Coup auf dem Weissenhof. «Das bedeutet mit sehr viel», sagte der 22-Jährige über seinen Einzug ins Semifinale auf seinem Problembelag Rasen. «Ich fühle mich da gegenüber dem Vorjahr besser, aber ich noch nicht hundertprozentig gut.» Gewisse Schwächen zeigte Thiem auch beim mühevollen 3:6, 6:4, 7:5-Erfolg gegen Juschni nach 1:50 Stunden. Gegen Federer macht er sich keine Illusionen. «Auf Rasen erwarte ich gegen Roger nichts.» (DPA)