Tuchel will Finalfluch stoppen - Pep plant Titel-Abschied

Die Trainer Pep Guardiola und Thomas Tuchel treffen vor dem Finale ein letztes Mal aufeinander. Foto: Andreas Gebert
Die Trainer Pep Guardiola und Thomas Tuchel treffen vor dem Finale ein letztes Mal aufeinander. Foto: Andreas Gebert

Keine Kampfansagen, keine verbalen Spitzen - am Ende ihres gemeinsamen Auftritts vor zahllosen TV-Kameras und Mikrofonen schlossen sich Pep Guardiola und Thomas Tuchel freundschaftlich in die Arme. Auch beim Countdown vor dem Pokalfinale zwischen dem FC Bayern München und Borussia Dortmund am Samstag (20 Uhr) brachten die beiden Fußball-Lehrer ihre gegenseitige Wertschätzung zum Ausdruck.

Doch bei allem Respekt vor seinem kongenialen Kollegen gab sich BVB-Coach Tuchel am Freitag bei der Pressekonferenz im Berliner Olympiastadion kämpferisch: «Mit dem Erreichen des Finales sind unsere Wünsche nicht erfüllt. Es sind noch ein paar Prozent übrig.»

 

Einen besseren Schlussakt der Spielzeit hätte sich Deutschland kaum wünschen können. Für Guardiola ist es «ein fantastisches Finale zweier großer Clubs», für Thomas Tuchel «die Krönung der Saison». Der Giganten-Gipfel zwischen dem Meister und dem Bundesligazweiten wird zum Duell der Superlative - nicht nur nach Einschätzung der beiden Trainer. «Es ist der deutsche Clásico», schwärmte Bayern-Keeper Manuel Neuer, «was vorher war, dass wir Meister sind, das zählt alles nicht. Das Finale steht für sich.» Der Abschied des künftigen Münchners Mats Hummels vom BVB verspricht zusätzliche Brisanz.

 

Schon vor dem Anpfiff gilt das 73. Pokalendspiel als das sportlich werthaltigste. Nie zuvor standen sich beim finalen Showdown zwei Mannschaften gegenüber, die in der Bundesliga-Spielzeit so viele Punkte (166) sammelten. Nicht zuletzt deshalb ist die Vorfreude beim Münchner Trainer Guardiola groß: «Mit einem Endspiel Bayern gegen Dortmund erreicht man emotional natürlich ganz Deutschland, und auch weltweit wird dieses Duell sehr, sehr intensiv beobachtet.»

 

Allein die jüngste Pokalbilanz dokumentiert die Ausnahmestellung der Branchenführer. Zum dritten Mal in den vergangenen fünf Jahren stehen sich Bayern und BVB in einem Pokalendspiel gegenüber. Die Borussen denken gerne an das 5:2 im Jahr 2012 zurück, die Bayern an das 2:0 nach Verlängerung zwei Jahre später. Beide Seiten begegnen sich mit größtem Respekt. «Wir wissen, dass wir ein sehr gutes Spiel machen müssen, um Dortmund zu schlagen», sagte der Münchner Abwehrchef Jérôme Boateng vor der Partie in seiner Heimstadt.

 

Nicht minder motiviert gehen die Borussen in die Partie. Ein Sieg könnte ein Zeichen sein, dass der Alleinherrscher aus München in Zukunft mit noch mehr Widerstand rechnen muss. Zudem will der BVB vermeiden, als erster Club in drei Pokalendspielen in Serie leer auszugehen. Tuchel sprach seinen Profis Mut zu und verwies auf die fünfte Teilnahme der Borussia in einem Endspiel in den vergangenen fünf Jahren: «Deshalb können wir von uns verlangen, dieses Finale zu gewinnen. Es ist nötig, dass wir nicht vor Ehrfurcht erstarren.»

 

Das Gerede von einem drohenden Endspiel-Trauma hält auch Hans-Joachim Watzke für Schwarzmalerei. Der BVB-Geschäftsführer sprach den Bayern zwar die Favoritenrolle zu, sieht der Partie aber ungewohnt zuversichtlich entgegen: «Es ist bekannt, dass ich nicht der größte Optimist auf diesem Planeten bin. Aber ich habe das Gefühl, dass wir dran sind am Samstag!» Abwehrspieler Marcel Schmelzer sagte: «In einem Finale ist es egal, wer die besseren Einzelspieler hat.»

 

Nicht nur die prickelnde sportliche Ausgangslage garantiert großen Unterhaltungswert. Für weiteren Zündstoff sorgen Guardiola und Hummels. Der Spanier hofft auf einen würdigen Abgang aus München. Vor seinem Wechsel zu Manchester City möchte er seine Amtszeit beim deutschen Meister mit einem weiteren Titel veredeln. Leicht fällt dem Erfolgscoach der Abschied nicht. «Es waren drei fantastische Jahre hier in Deutschland. Ich werde diese Zeit niemals vergessen.»

 

Mit ähnlicher Gefühlslage geht Hummels in das Finale. Nach achteinhalb Jahren verlässt er den Revierclub und kehrt zurück zum FC Bayern. Dass er sein letztes Spiel im BVB-Trikot ausgerechnet gegen seine künftigen Mannschaftskollegen bestreitet, macht die Aufgabe doppelt schwer: «Ich muss nicht lange darum herumreden, dass es für mich eine große Drucksituation wird. Jeder Fehler wird seziert.» Deshalb hat sich der Weltmeister besonders viel vorgenommen: «Ich hoffe, dass es nach dem Spiel keinen Grund gibt, Sätze rauszuhauen, wie: Der hat nicht alles gegeben, der war gedanklich schon woanders.»

 

Neben Guardiola und Hummels schlüpft auch Tuchel in eine tragende Rolle. Der Dortmunder Coach ist längst aus dem langen Schatten seines Vorgängers Jürgen Klopp herausgetreten und hat dem Revierclub erstaunlich schnell zurück zu großer Schlagkraft verholfen. Es ist Tuchels erstes großes Endspiel: «Ich freue mich auf die Aufgabe.»

 

Darüber hinaus steht Marco Reus im Rampenlicht. Der Dortmunder gilt zwar als Angreifer von internationalem Format, hat aber noch keine bedeutende Trophäe gewonnen. Nach insgesamt drei Finalniederlagen in der Champions-League (2013) und im Pokal (2014 und 2015) hofft er, seinen Ruf als «Unvollendeter» ablegen zu können. «Natürlich bin ich der erste, der das ändern möchte. Mit einem Titel würde ich mich fürs Erste zufrieden geben», sagte der Nationalspieler.

 

Reus-Kumpel Mario Götze wird nicht zur Schar der Hauptdarsteller gehören. Der Münchner Edelreservist der vergangenen Wochen hat sich einen Rippenbruch zugezogen und fällt deshalb aus. Er war damit schon am Tag vor dem großen Finale der erste Pechvogel von Berlin. (DPA)