Ende der Eiszeit: Obama im sozialistischen Kuba

Erstmals seit 1928 ist ein US-Präsident wieder in Kuba zu Besuch. Obama will Raúl Castro zu einer weiteren Reformen in dem sozialistischen Land bewegen. Kurz vor der Ankunft werden aber viele Dissidenten festgenommen. Foto: Alejandro Ernesto
Erstmals seit 1928 ist ein US-Präsident wieder in Kuba zu Besuch. Obama will Raúl Castro zu einer weiteren Reformen in dem sozialistischen Land bewegen. Kurz vor der Ankunft werden aber viele Dissidenten festgenommen. Foto: Alejandro Ernesto

Als erster US-Präsident seit der Revolution von 1959 ist Barack Obama zu einem Besuch im sozialistischen Kuba eingetroffen.

Obama landete am Sonntag um 21.18 Uhr MEZ in der Hauptstadt Havanna, wo er heute mit Staatschef Raúl Castro über eine Vertiefung des Annäherungsprozesses der langjährigen Erzfeinde sprechen will. Castro fordert eine vollständige Aufhebung des US-Handelsembargos und eine Rückgabe des seit 1903 unter US-Kontrolle stehenden Militärstützpunktes Guántanamo.

 

 

Trotz der historischen Visite begrüßte Castro Obama - anders als die Präsidenten einiger anderer Länder - nicht persönlich am Flughafen, er schickte Außenminister Bruno Rodríguez. Bei der Ankunft regnete es in Strömen, Obama wurde begleitet von seiner Frau Michelle und den beiden Töchtern. Er begrüßte die Kubaner über den Kurznachrichtendienst Twitter: «Que bolá Cuba?», («Wie geht's, Kuba?»).

 

Kurz vor der Ankunft waren in Havanna Dutzende Dissidenten festgenommen worden. Bei einer Demonstration habe die Polizei eingegriffen und viele Aktivisten abgeführt, berichteten mehrere Oppositionelle der Deutschen Presse-Agentur. Obama will die kritische Menschenrechtslage ansprechen, die USA setzen durch die Annäherung mit dem Karibikstaat und die Lockerung des Handelsembargos auch auf mehr politische Reformen.

 

Nach einem Rundgang durch die abgeriegelte Altstadt von Havanna speiste die Präsidentenfamilie im beliebten Privatrestaurant San Cristobal, eines der immer zahlreicher werdenden sogenannten Paladares, die oft besseres Essen bieten als die staatlichen Restaurants.

 

Heute will Obama auch mit Unternehmern über die schwierigen Investitionsbedingungen sprechen. Ende 2014 hatten er und Castro ein schrittweises Ende der Eiszeit vereinbart, die diplomatischen Beziehungen wurden 2015 wieder vollständig aufgenommen, das US-Handelsembargo gelockert, etwa im Finanzbereich und für direkte Fährverbindungen. Vor Obama war überhaupt erst ein US-Präsident zu Besuch auf der Karibikinsel gewesen: Calvin Coolidge im Jahr 1928.

 

Raúl Castro verfolgt eine vorsichtige Öffnungspolitik mit mehr Privatunternehmen, die aber strengen Auflagen unterliegen. Als Errungenschaften der Revolution von 1959 gelten unter anderem das gute Medizin- und Bildungssystem, die Sozialprogramme und gerade im Vergleich zu anderen Ländern der Region kaum vorhandene Obdachlosigkeit.

 

Castro setzt auf mehr ausländische Investitionen, besonders der Tourismussektor soll ausgebaut werden, um die Einnahmen des Staates zu stärken. 2018 könnte er die Macht an Vizepräsident Miguel Díaz-Canel (55) übergeben, der erst nach der Revolution geboren wurde. Ein Treffen Obamas mit Rauls Bruder und Revolutionsführer Fidel Castro (89) war nicht geplant.

 

Pünktlich zum Besuch Obamas wurden neue Fotos von Fidel Castro veröffentlicht. Auf dem Titel der Zeitung «Juventud Rebelde» war Castro im Gespräch mit Venezuelas sozialistischem Präsidenten Nicolás Maduro zu sehen, der die USA als imperialistisch und kapitalistisch attackiert. Die Annäherung seines Bruders und Nachfolgers als Staatschef mit den Vereinigten Staaten sieht Fidel skeptisch. (DPA)