Lebensversicherung: Garantiezins gerät weiter unter Druck

Mit dem Garantiezins können Kunden nach Abzug der Abschluss- und Verwaltungskosten sicher rechnen. Foto: Jens Büttner/Archiv/Symbolbild
Mit dem Garantiezins können Kunden nach Abzug der Abschluss- und Verwaltungskosten sicher rechnen. Foto: Jens Büttner/Archiv/Symbolbild

Der Garantiezins gilt als wichtiges Verkaufsargument für den Altersvorsorge-Klassiker Lebensversicherung. Angesichts der Zinsschmelze am Kapitalmarkt empfehlen die Versicherungsmathematiker der einflussreichen Deutschen Aktuarvereinigung, die garantierte Rendite für Neuverträge ab Anfang 2018 von derzeit 1,25 Prozent auf 1,00 Prozent zu senken. Für 2017 sei ein Zins von 1,25 Prozent weiterhin vertretbar. Was ist der Garantiezins?

 

 

Mit dem Garantiezins können Besitzer von klassischen Kapitallebensversicherungen sicher rechnen. Ein Großteil der etwa 90 Millionen Verträge des Altersvorsorge-Klassikers basiert auf diesem Modell. Änderungen gelten jeweils nur für Neuverträge. Assekuranzen dürfen den Kunden weniger bieten, aber nicht mehr. So soll verhindert werden, dass sich die Unternehmen mit hohen Versprechen übernehmen.

 

Wie entwickelt sich die Verzinsung ?

Die garantierte Rendite - auch Höchstrechnungszins genannt - ist angesichts der Niedrigzinsen am Kapitalmarkt von einst 4 Prozent auf 1,25 Prozent seit Anfang 2015 für Neuverträge gesunken. Daneben gibt es weitere Komponenten - beispielsweise die Überschussbeteiligung, über die die Unternehmen jedes Jahr neu entscheiden. Beides zusammen ergibt die laufende Verzinsung. Auch diese sinkt seit geraumer Zeit.

 

Die Ratingagentur Assekurata rechnet in diesem Jahr in der privaten Rentenversicherung mit einem Wert von durchschnittlich 2,86 Prozent nach zuletzt 3,16 Prozent. Die Kürzungen treffen besonders Verträge, die in den vergangenen zwölf Jahren abgeschlossen wurden. Kunden mit älteren Policen bekommen vielfach eine höhere Rendite, da sie noch von Zinsgarantien von bis zu 4 Prozent profitieren. Zum Ende der Laufzeit zahlen die Assekuranzen noch einen Schlussüberschuss.

 

Was ist das Problem der Branche?

Ihr Geld steckt vor allem in als sicher geltenden Staatsanleihen. Jedes Jahr laufen gut verzinste Anleihen aus. Die neuen Papiere werfen kaum noch etwas ab, seit die Europäische Zentralbank die Zinsen auf Null drückte und die Märkte mit Geld flutet. Den Versicherern fällt es daher zunehmend schwer, die hohen Garantieversprechen der Vergangenheit zu erfüllen.

 

Der Branchenverband GDV appelliert daher an die Notenbank, «die geldpolitische Strategie im Euro-Währungsgebiet im Interesse von Wirtschaft und Haushalten neu zu denken.» Der Chef der Finanzaufsicht Bafin, Felix Hufeld, mahnte zu Jahresanfang: «Die Lebensversicherer selbst sind gefordert, frühzeitig alles zu unternehmen, was erforderlich ist, um die ausgesprochenen Garantien erfüllen zu können». Sie könnten zum Beispiel an der Kostenschraube drehen oder neue Produkte mit neuen Garantieformen entwickeln.

 

Lohnt sich eine klassische Lebensversicherung noch?

Die laufende Verzinsung aus Garantiezins und Überschüssen bezieht sich auf den Sparanteil der Beiträge - also nach Abzug von Abschluss- und Verwaltungskosten. «Wer heute eine private Rentenversicherung mit 1,25 Prozent Garantiezins abschließt, hat aus heutiger Sicht nach 25 Jahren eine garantierte Beitragsrendite von 0,42 Prozent», sagte Assekurata-Analyst Lars Heermann jüngst. Allianz-Leben-Chef Markus Faulhaber geht davon aus, dass die klassische Variante mehr und mehr vom Markt verschwindet. «Aus Kundensicht ist ein reines Klassik-Produkt für die langfristige Altersvorsorge nicht mehr sinnvoll.»

 

Gibt es Produkte ohne Garantiezins?

Immer mehr Versicherungen bieten auch Produkte ohne klassische Garantieversprechen oder in abgespeckter Form an. Zugesichert werden der Erhalt der eingezahlten Beiträge und später eine Mindestrente. Wenn es am Kapitalmarkt aufwärtsgeht, sollen Kunden von höheren Renditechancen profitieren. Einige Unternehmen kündigten zuletzt sogar eine völlige Abkehr von Lebensversicherungspolicen mit festem Garantiezins an. Verbraucherschützer sehen diese Entwicklung kritisch: Denn gerade die Planbarkeit galt lange Zeit als größter Vorteil des Altersvorsorge-Klassikers. Durch die Vielfalt der neuen Produkte werde der Markt zudem immer unübersichtlicher.

 

Wird der Garantiezins ab 2018 auf jeden Fall gesenkt?

Die Entscheidung trifft das Bundesfinanzministerium nach Empfehlung der Versicherungsmathematiker und der Finanzaufsicht. Ob das Ministerium die Höhe des Garantiezinses künftig überhaupt noch vorgibt, soll im Zuge einer Bewertung des Lebensversicherungsreformgesetzes 2018 entschieden werden.

 

Hintergrund sind die seit Anfang des Jahres geltenden verschärften Eigenkapitalvorschriften («Solvency II»), mit denen die Versicherungsbranche krisenfester gemacht werden soll. Ursprünglich wollte die Bundesregierung bereits von Anfang 2016 an keine einheitliche Obergrenze mehr vorgeben. (DPA)