Nicht vor und nicht zurück: Streit bei Tönnies in der Sackgasse

Im Machtpoker um Deutschlands größten Fleischbetrieb wird wieder vor dem Landgericht Bielefeld gestritten. Außergerichtlich stocken die Verhandlungen seit Wochen. Die zerstrittenen Metzger finden nicht zueinander. Foto: Maja Hitij/Archiv
Im Machtpoker um Deutschlands größten Fleischbetrieb wird wieder vor dem Landgericht Bielefeld gestritten. Außergerichtlich stocken die Verhandlungen seit Wochen. Die zerstrittenen Metzger finden nicht zueinander. Foto: Maja Hitij/Archiv

Es geht nicht vor und nicht zurück: Im Streit um die Führung bei Deutschlands größtem Fleischkonzern herrscht ein Patt. Die Familien Tönnies streiten sich seit Jahren als Gesellschafter um die Vorherrschaft. Heute setzt das Landgericht Bielefeld eine Verhandlung um einen zentralen Streitpunkt fort. Dabei geht es um die Mehrheit und damit um die Macht im Unternehmen. Aktuell halten Firmenchef Clemens Tönnies (59) - auch bekannt als Aufsichtsratschef des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04 - und sein Neffe Robert Tönnies (37) je die Hälfte an dem Milliarden-Unternehmen.

Die 1971 gegründete Firma beschäftigt rund 10 000 Menschen und meldete 2014 einen Umsatz von 5,6 Milliarden Euro. Zahlen für 2015 präsentiert Tönnies erst im April.

 

Robert, Sohn und einer der Erben des 1994 verstorbenen Firmengründers Bernd Tönnies, fordert seit Frühjahr 2015 vor dem Landgericht geschenkte Anteile zurück. Er wirft dem Bruder seines Vaters groben Undank vor. Sein Onkel habe hinter seinem Rücken auf private Rechnung Geschäfte betrieben und ein «Schattenreich» aufgebaut.

 

Seit November 2014 streiten sich jetzt die Parteien und eine große Schar von Anwälten vor Gericht in dieser Sache. Dabei geht es mitunter sehr persönlich und emotional zu. Die beiden Familienstämme schenken sich nichts, es geht um Intimes, Steuerberater und Testamentsvollstrecker und den Einfluss von Rechtsberatern.

 

Umstritten ist dabei, wie Firmenchef Clemens Tönnies zu seinem heutigen 50-Prozent-Anteil gekommen ist. Ursprünglich hielt der Firmengründer Bernd Tönnies 60 Prozent und gab diese auch an seine Erben weiter. Clemens hielt mit 40 Prozent eine Minderheit. Das änderte sich 2008. Da gingen zehn Prozent von den Neffen an den Onkel über. Hintergrund war eine Zusage, um die seit Jahren erbittert gestritten wird: Firmengründer Bernd soll seinem Bruder auf dem Sterbebett versprochen haben, ihn wegen seiner Verdienste um das Unternehmen bei den Anteilen gleichzustellen.

 

Im vergangenen Herbst schien eine außergerichtliche Lösung nahe. Vertraute der beiden Streitparteien hatten - ohne die Anwälte - eine unterschriftsreife Lösung für einen neuen Gesellschaftervertrag erarbeitet. Wenige Stunden vor einem vereinbarten Notartermin in Hamburg platzte das ganze. Ein weiterer Versuch Anfang des Jahres 2016 scheiterte ebenfalls. Clemens Tönnies sieht die Schuld bei Roberts Anwalt Mark Binz. Nach Angaben seines Sprechers steht für den Firmenchef fest: «Solange Binz mit am Tisch sitzt, machen weitere Verhandlungen keinen Sinn.»

 

Robert hält allerdings weiter an Binz fest. Es bleibt beim Patt. Während aus Sicht der einen Seite der Anwalt eine Lösung blockiert, ist es aus Sicht der anderen Seite der unbedingte Machtwille des heutigen Firmenchefs Clemens.

 

Am Montag in Bielefeld geht es jetzt wieder um Details. Robert fordert Schadensersatz für an Clemens im Voraus ausgezahlte Gewinne der Jahre 2001 bis 2009. Die Richter wollen auch mehr wissen zu einem Grundstücksgeschäft mit der Treuhand. 1990 hatten die Brüder Bernd und Clemens zwei Grundstücke eines alten DDR-Betriebs in Weißenfels bei Leipzig gekauft. Hier gibt es Streit um Sanierungskosten und die Bewertung der später bebauten Grundstücke. (DPA)