Kretschmann warnt vor rechter Gefahr und will Bürgerforen

Winfried Kretschmann (Grüne), Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Foto: C. Schmidt/Archiv
Winfried Kretschmann (Grüne), Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Foto: C. Schmidt/Archiv

Zwei Wochen vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) vor einer wachsenden rechten Gefahr in Europa gewarnt. «Überall sind radikale, rechtspopulistische Bewegungen und Parteien auf dem Vormarsch», sagte er. «Sie agieren in einer Sprache, die mit Gewalt liebäugelt», kritisierte der Grünen-Politiker am Sonntag in einer Grundsatzrede in Stuttgart. Mit Blick auf die Flüchtlingskrise und eine «Brutalisierung der Auseinandersetzung» forderte er die Gesellschaft zum Zusammenhalt auf.

Dazu will er im Fall eines Wahlsieges am 13. März Bürgerforen organisieren.

 

Besorgt zeigte sich der 67-Jährige darüber, dass nicht nur in den USA und in vielen europäischen Ländern mit teils hoher Arbeitslosigkeit und großen sozialen Problemen Rechtspopulisten an Zuspruch gewinnen. Auch im wirtschaftlich starken Baden-Württemberg mit einer hohen Zahl integrierter Migranten verzeichnet etwa die rechtskonservative Alternative für Deutschland (AfD) Zulauf. Die Partei kommt laut Umfragen bei der Wahl am 13. März erstmals in den Landtag - mit mehr als 10 Prozent der Stimmen.

 

Kretschmann selbst kann laut Umfragen auf eine Fortsetzung der grün-roten Regierung hoffen. Gleichwohl verlieren auch im Südwesten die etablierten Parteien wegen der Flüchtlingskrise an Rückhalt. «Die mangelnde Solidarität in Europa, der Rückzug ins Nationale und den vermeintlich sicheren Hafen des Vertrauten – all das ist brandgefährlich», betonte Kretschmann bei der Rede im Haus der Architekten vor etwa 200 geladenen Gästen.

 

Der Ministerpräsident sprach sich dafür aus, EU-Ländern einen finanziellen Anreiz für die Aufnahme von Flüchtlingen zu gewähren. Zudem bekräftigte er einmal mehr seine Unterstützung für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Flüchtlingskrise. Gleichwohl sieht auch er angesichts der wachsenden Polarisierung eine Gefahr des Scheiterns. «Die gegenwärtige Krise könnte uns nun jedoch um Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zurückzuwerfen», meinte Kretschmann.

 

Für mehr Dialog in der Gesellschaft soll es im Fall eines Wahlsieges Bürgerforen in allen Teilen Baden-Württembergs geben. «Wir werden keine Showveranstaltungen machen und keine Kritik verbieten», sagte er. In «zivilisierten» Streitgesprächen sollten die Menschen selbst mit über die Zukunft entscheiden können. In einem weiteren Schritt sollen die Ergebnisse der Foren in die Arbeit einer neuen Zukunftskommission eingehen.

 

«Derartige Beratungsgremien gibt es auf Feldern wie der Wirtschaft oder der Umwelt seit eh und je», erklärte Kretschmann. «Nun ist es an der Zeit für eine Zukunftskommission mit einem gesellschaftlichen Auftrag, mit dem Auftrag, eine Agenda für den Zusammenhalt in Baden-Württemberg zu entwickeln», sagte er. Setzen wolle er dabei auch auf «kluge Denker und engagierte Macher» aus Wissenschaft, Wirtschaft, Medien und Bürgergesellschaft.

 

Zugleich wies Kretschmann Forderungen als «abwegig» zurück, das Integrationsministerium abzuschaffen. «Richtig ist das Gegenteil: Wir müssen das Integrationsministerium stärken und für neue Herausforderungen rüsten», betonte er. Der Regierungschef forderte außerdem, zwischen islamistischem Terror und religiösem Fundamentalismus einerseits und einem kultivierten Islam andererseits zu unterscheiden. Damit begründete er einmal mehr auch die Einführung des islamischen Religionsunterricht in Baden-Württemberg. (DPA/LSW)