Flüchtlingskrise: Merkel zu Gesprächen in Ankara

Bei Gesprächen zwischen Kanzlerin Merkel und dem türkischen Ministerpräsidenten, Ahmet Davutoglu, soll es unter anderem darum gehen, welchen Beitrag die Türkei zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen Richtung Westeuropa leisten kann. Foto: Michael Kappeler/A
Bei Gesprächen zwischen Kanzlerin Merkel und dem türkischen Ministerpräsidenten, Ahmet Davutoglu, soll es unter anderem darum gehen, welchen Beitrag die Türkei zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen Richtung Westeuropa leisten kann. Foto: Michael Kappeler/A

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist in Ankara zu Gesprächen mit der türkischen Führung über die Flüchtlingskrise eingetroffen - begleitet von Kritik der deutschen Opposition. Nach einer Unterredung mit Ministerpräsident Ahmet Davutoglu am Vormittag stand am Nachmittag ein Treffen mit Staatschef Recep Tayyip Erdogan auf der Tagesordnung. Bei Merkels Gesprächen soll es darum gehen, welchen Beitrag die Türkei zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen Richtung Westeuropa leisten kann und welche Hilfe sie dafür benötigt. 

 

Hintergrund ist ein Ende November zwischen der EU und der Türkei vereinbarter Aktionsplan. Die Regierung in Ankara sagt darin unter anderem zu, die Grenzen besser zu schützen. Im Gegenzug hat die EU der Türkei mindestens drei Milliarden Euro für die Versorgung der nach türkischen Regierungsangaben knapp drei Millionen Flüchtlinge im Land versprochen. Zudem sollen die EU-Beitrittsverhandlungen und die Gespräche zur visafreien Einreise für Türken beschleunigt werden.

 

Grünen-Parteichef Cem Özdemir bezweifelt, dass die Milliarden für die Türkei den Flüchtlingsandrang nach Europa bremsen könnte. «Allein Bezahlen wird es nicht lösen», sagte Özdemir dem Radiosender MDR


Info in Halle. «Dazu gehört natürlich auch, dass die Türkei und Griechenland ihre Ressentiments beiseitelegen müssen. Das Schlepper-Unwesen ist ja Teil der türkischen Ökonomie.»

 

Die Linke-Fraktionschefin im Bundestag, Sahra Wagenknecht, warnt die Bundesregierung davor, sich in der Flüchtlingskrise von der Türkei erpressen zu lassen. «Wir sollten aufpassen, dass Deutschland nicht immer stärker erpressbar wird von einem Regime, das mit unseren Wertvorstellungen nicht das geringste gemein hat und das eine Mitverantwortung für das ganze Desaster hat», sagte sie dem SWR.

Aus Sicht des FDP-Europapolitikers Alexander Graf Lambsdorff leistet Merkels Türkei-Reise keinen ernsthaften Beitrag zur Bewältigung der Krise. «Wiederholte Reisen in die Türkei sind kein Ersatz für eine eigene organisierte Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, und die fehlt hier nach wie vor», sagte Lambsdorff im Deutschlandradio.

 

Die Türkische Gemeinde in Deutschland rief Merkel auf, bei ihrem Treffen mit Erdogan auch die Verletzung von Menschenrechten in der Türkei anzusprechen. Auch wenn Ankara die Flüchtlingskrise als Trumpf nutze, müsse Merkel Missstände in der Türkei ansprechen, sagte ihr Vorsitzender Gökay Sofuoglu der in Düsseldorf erscheinenden «Rheinischen Post» (Montag). Ähnliches forderte die Chefin der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt, im ARD-«Morgenmagazin».

 

Die Türkei wird in der EU seit Jahren für Defizite bei der Rechtsstaatlichkeit und der Pressefreiheit kritisiert. Ihr kommt aber eine Schlüsselrolle in der Flüchtlingskrise zu. Sie ist für Migranten und Flüchtlinge das wichtigste Transitland auf dem Weg nach Mittel- und Nordeuropa. (DPA)