Fasnachts-Tradition: Schweinsblasen haben Hochkonjunktur

Metzgermeister Thomas Winterhalter befestigt eine «Saubloder» am Hagenschwanz eines Elzacher «Schuttigs». Foto: Patrick Seeger
Metzgermeister Thomas Winterhalter befestigt eine «Saubloder» am Hagenschwanz eines Elzacher «Schuttigs». Foto: Patrick Seeger

Andernorts wandert sie in den Schlachtabfall, in der Schwarzwaldgemeinde Elzach wird sie zum wichtigsten Narrengerät: Die «Saublodere», eine mit Luft gefüllte Schweinsblase, ist das bedeutendste Handwerkszeug der Elzacher «Schuttig». Es gehört zur gleichnamigen Narrenfigur, eine der ältesten und farbenprächtigsten Gestalten der schwäbisch-alemannischen Fasnacht. Bevor der närrische Spaß beginnt, haben die Metzger im Ort mit der «Saublodere»-Produktion alle Hände voll zu tun. 

 

«Zum Aufblasen braucht es Fingerspitzengefühl, sonst platzt die Blase.» Metzgermeister Thomas Winterhalter steht in seiner Metzgerei in der Kleinstadt Elzach bei Freiburg. In der Hand hält er eine «Saublodere» - so heißt die Schweinsblase auf Alemannisch. Mit Pressluft kommt Luft hinein, so dass daraus ein straffer, luftgefüllter Ballon wird. Wer den auf den Boden schlägt, verursacht einen Höllenlärm.

 

«Die Vorbereitungen beginnen bereits im Juni», sagt der 51-Jährige. Von diesem Zeitpunkt an sind die Metzger damit beschäftigt, das tierische Narrenutensil zu sammeln. Nach jedem Schlachten werden die geleerten Blasen der Schweine in Salz gelagert und so konserviert. Jetzt, kurz vor der heißen Phase der Fastnacht, ist Hochsaison. Die Blasen kommen raus aus dem Lager. Sie werden in Wasser eingelegt, mit Luft gefüllt und an Narren verkauft - für 50 Cent pro Stück.

 

Ein Narr benötigt unzählige Schweinsblasen pro Saison, weil die «Saublodere» nach heftigen Schlägen kaputt gehen. Mehr als 8000 der Ballons würden in Elzach jedes Jahr in der Fastnacht verbraucht, erzählt der Chef der Narrenzunft, Armin Becherer. Verkauft werden sie frisch an Fastnacht, denn unkonserviert stinken sie bald.

 

Angebunden wird die Blase mit einer kurzen Schnur an den «Hagenschwanz», das Genital eines geschlachteten Bullen. Auch ihn liefern die Metzger. Durch die Harnröhre des geschlachteten Tiers wird ein Bambusrohr geführt, danach der Stock gedreht und geräuchert.

 

Schweinsblase und Bullengenital seien der Tradition geschuldet, sagt der närrische Zunftmeister Becherer. Sie stammten aus einer Zeit, als es Materialen aus Gummi oder Plastik, etwa für Ballons, noch nicht gegeben habe. Die «Saublodere», sagen Brauchtumforscher, ist eine Huldigung des Fleischlichen vor der Fastenzeit. Und in Elzach werde an diesem Brauchtum festgehalten.

 

Nirgendwo anders sei das tierische Narren-Accessoire so beliebt, sagt Elzachs Bürgermeister Roland Tibi. Pro Kopf gerechnet gibt es deutschlandweit in der 7100-Einwohner-Kleinstadt die meisten Metzgereien - die «Saublodere» ist an Fastnacht ihr Verkaufsschlager. (DPA)