Anne Will zurück im Talkolymp

Anne Will ist an ihren alten Sendeplatz zurückgekehrt. Foto: Karlheinz Schindler
Anne Will ist an ihren alten Sendeplatz zurückgekehrt. Foto: Karlheinz Schindler

Der Regieassistent im Studio findet ein schönes Wort, um Anne Wills Sendung zu beschreiben: «Wiederpremiere». Nach mehr als vier Jahren ist die ARD-Moderatorin zurückgekehrt auf den Königsplatz des Polittalks in Deutschland. Und sie ist schlagfertig an diesem Sonntagabend. In ihrer ersten Gesprächsrunde auf dem wiedergewonnen Sendeplatz stellt sie sich einem unausweichlichen Thema – der Flüchtlingsdebatte nach der Silvesternacht in Köln.

 

 

Am Konzept hat sich nichts geändert, im Studio in Berlin-Adlershof sieht es dagegen etwas anders aus. Sie wollten es etwas heller und geordneter, sagt Will dem Publikum vor Sendungsbeginn. Jetzt gibt es Akzente in seriösem Nachrichtenblau. Auf den Sesseln nehmen Platz: Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU), Politologin Gesine Schwan (SPD), Autor Ahmad Mansour und «WeltN24»-Chefredakteur Stefan Aust.

 

Es dauert gerade einmal zehn Minuten, bis Will Altmaier in einen seiner Monologe hinein grätscht. Der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung sagt, sie könnten keine Garantie geben, dass sich irgendwo eine Straftat nicht wiederhole. «Irgendeine Straftat? Das war ja nicht nur eine, das waren 676 Anzeigen», wirft Will ein. Sie zieht während der einstündigen Sendung ihre Augenbraue hoch (Achtung!), mahnt zur Ruhe oder ruft «Halt, Moment mal grad».

 

Kommunikationswissenschaftler bescheinigten der 49-Jährigen in der Vergangenheit häufiger, dass sie journalistisches Handwerkszeug besitzt. Ihrem Vorgänger Günther Jauch schrieben sie dafür immer mal wieder mehr Charisma zu. Der Moderator hatte den ARD-Talk am Sonntagabend 2011 von Will übernommen, sie wechselte dafür auf den Mittwoch. Weil sich Jauch nun aber aus dem Ersten verabschiedet hat und sich auf seine Arbeit für den Privatsender RTL konzentriert, darf Will zurück.

 

Und zwar auf einen Sendeplatz, der als besonders gut gilt. Viele TV-Zuschauer bleiben nach dem Sonntagskrimi im Programm hängen. Davon profitiert nach Angaben des Forschers Joachim Trebbe von der Freien Universität Berlin auch die Quote des Polittalks. Will wirkt an dem Abend quirlig und gut gelaunt. In den Zuschauerreihen sitzen nach ihren Worten viele Verwandte. Zwei Minuten vor Sendebeginn erzählt sie, sie sei etwas nervös. Sie sendeten ja jetzt wieder live.

 

Und das mit einem heiklen Thema. Die Wertedebatte in der Republik kocht nach der Silvesternacht, in der viele Frauen nach eigenen Angaben sexuell belästigt, bedrängt, bestohlen wurden. Altmaier sagt an einer Stelle, er habe die Polizeiprotokolle noch einmal gelesen. Oft habe dort gestanden, es seien Exzesse alkoholisierter Jugendlicher gewesen, vor allem aus Nordafrika. «Mir ist immer gesagt worden, dass junge Muslime keinen Alkohol trinken», sagt Altmaier. Und fragt, wie das passt. «Waren das nun Muslime? Waren es falsche Muslime?»

 

Da geht es ziemlich durcheinander in dem Gespräch. «So, jetzt müssen wir uns entscheiden», versucht Will die Runde zu koordinieren. Sie gibt das Rederecht an Autor Mansour - «weil der richtig viel Ahnung von Muslimen hat. Und weil er selber einer ist.» Dafür gibt es vom Publikum einige Sympathielacher. Die Antworten auf viele Fragen bleiben aber auch auf dem neuen/alten Sendeplatz vorerst unbeantwortet. Viel Stoff für Wills nächste Talkrunden am Sonntag. (DPA)