Der Druck nimmt zu: Seehofer vor schwierigem Jahr

CSU-Chef Horst Seehofer hat kein leichtes Jahr vor sich. Foto: Sven Hoppe
CSU-Chef Horst Seehofer hat kein leichtes Jahr vor sich. Foto: Sven Hoppe

Es ist zwei Tage vor Weihnachten, als Horst Seehofer sich genötigt sieht, ein paar Dinge klarzustellen. Dazu schickt er seinen Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) vor. Der muss in der Kabinetts-Pressekonferenz erklären, wie der Ministerpräsident das mit der Flüchtlingspolitik und einer möglichen Verlängerung des «Soli» nun gemeint hat. Und Huber soll ausrichten, dass ein Bericht über Seehofers angebliche Pläne, wie er die umstrittene dritte Startbahn am Münchner Flughafen ausbremsen wolle, «blühender Unsinn» sei.

 

Man könnte das als Randnotiz abtun - ließe sich daraus nicht ersehen, wie sehr Seehofer unter Druck steht. Die Flüchtlingspolitik, das früher ungewohnte Gezerre mit seiner Landtagsfraktion, und dann noch die Nachfolgedebatte - es dürfte ein hartes 2016 für Seehofer werden.

 

Erster Punkt, die Flüchtlingspolitik: Hier hat sich der CSU-Chef auch nach Einschätzung von Parteifreunden selbst massiv unter Druck gesetzt. Immer und immer wieder hat Seehofer eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen gefordert, eine Obergrenze. Doch das gewünschte Ergebnis lässt auf sich warten: Nach wie vor kommen rund 4000 Flüchtlinge ins Land - täglich. «Viele warten darauf, dass Seehofer endlich liefert», sagt einer aus dem Parteivorstand. «Deshalb wird der Druck auf ihn eher zunehmen: Weil er die hohen Erwartungen, die er selber geweckt hat, wohl nicht wird erfüllen können.» Es ist ein oft genutztes Bild: Als «bayerischer Löwe» brüllen, dann aber als Bettvorleger enden - das mögen die CSU-Anhänger nicht so gerne.

 

Zweiter Punkt: Spätestens seit einigen Wochen ist unübersehbar, dass Seehofer nicht mehr der allmächtige Partei- und Regierungschef ist, der er in früheren Jahren war. Was sich die CSU-Fraktion im Landtag nun traut, das hätte es früher nicht gegeben: dass Unterschriften sozusagen gegen den eigenen CSU-Ministerpräsidenten gesammelt werden.

 

Eigentlich geht es ja nur um eine Sachfrage: Eine klare Mehrheit in der CSU-Fraktion will die dritte Startbahn am Münchner Flughafen durchsetzen - und verbittet sich eine Alleinentscheidung Seehofers, der in den vergangenen Monaten viele Gespräche mit allen Beteiligten und mit Betroffenen vor Ort geführt hat. Die Startbahn-Befürworter in der CSU fürchten nun, dass Seehofer sich gegen das Milliardenprojekt ausspricht - möglicherweise, weil er es für nicht durchsetzbar hält. Deshalb die Unterschriftensammlung. Deshalb warnt ein Abgeordneter: Das könnte tiefe Gräben aufreißen zwischen Seehofer und der Fraktion.

 

Und dann noch die Nachfolgefrage: Mehrfach hat der 66-Jährige erklärt, dass er 2018 als Ministerpräsident aufhören will. Je näher das Datum rückt, desto intensiver wird die Debatte. «Das wird in der zweiten Jahreshälfte 2016 an Dynamik gewinnen», sagt ein CSU-ler.

 

Hintergrund ist, dass bereits 2017 die nächste Bundestagswahl ansteht. Wer wird dann Spitzenkandidat? Und tritt Seehofer im Herbst 2017 noch einmal als Parteichef an? Um derlei Fragen geht es dann - und darum, ob Seehofer wirklich bis 2018 Regierungschef bleiben kann. Er selbst hat wiederholt betont, seinen Auftrag erfüllen zu wollen.

 

Für Seehofer sprechen seine nach wie vor hohen Zustimmungswerte in der Bevölkerung. Die zitiert er deshalb auch allzu gerne. Viele Abgeordnete werden aber für sich eine ganz naheliegende Frage stellen: Mit welchem Kandidaten, mit welchem Prozedere wird die CSU am meisten Stimmen holen und mir so mein Abgeordnetenmandat sichern? Mit dem Amtsinhaber an der Spitze - oder mit dem oder der Neuen?

 

Die derzeit mit Abstand besten Chancen auf die Nachfolge werden dem ehrgeizigen Finanzminister Markus Söder zugesprochen. Und bei Söder ist zweierlei zu beobachten: Wie er sich um alle Landesteile und die jeweiligen Abgeordneten persönlich kümmert. Und wie sich gerade junge Abgeordnete gerne um ihn scharen. «Der stärkste Magnet zieht die Späne an», sagt ein Parlamentarier. «Und Seehofer ist ein Magnet mit nachlassender Anziehungskraft - und die Kraft von Söder nimmt zu.»

 

Seehofer dagegen will, wenn man ihn auf die Nachfolgefrage anspricht, den Eindruck erwecken, als habe er alle Fäden in der Hand: Er orakelt dann, es werde am Ende ganz anders kommen als alle glauben. (DPA)