Ruckrede von Hörmann: Reform wird «nationaler Kraftakt»

Der Präsident des DOSB, Alfons Hörmann, erntet für seine Ansprache Lob. Foto: Peter Steffen
Der Präsident des DOSB, Alfons Hörmann, erntet für seine Ansprache Lob. Foto: Peter Steffen

DOSB-Präsident Alfons Hörmann hat mit einer mutigen Ruckrede einen dicken Schlussstrich unter das schmerzliche Olympia-Aus gezogen und den Deutschen Olympischen Sportbund zugleich auf die Zukunft eingeschworen. In seinem sportpolitischen Rundumschlag auf der 11. Mitgliederversammlung des DOSB in Hannover übte er unverblümt Kritik an Politik, an den in Skandale verstrickten Sport-verbänden und Funktionären. Die Delegierten quittierten den Auftritt am Samstag mit starkem Beifall.

Von Bundesinnenminister Thomas de Maizière erhielt er Lob: «Das war eine Rede mit einem starken Führungsanspruch.»


Sechs Tage nach dem Olympia-Aus an der Elbe und den negativen Auswirkungen darauf durch die jüngsten Skandale in großen Sportverbänden entlud sich noch einmal die Enttäuschung und Wut bei Hörmann. «Es war kein normales Sportjahr wie viele zuvor», sagte er und attackierte besonders den Fußball-Weltverband FIFA und dessen suspendierten Präsidenten Joseph Blatter.


«Es ist nur noch inakzeptabel, was in dieser Organisation läuft», wetterte er und fügte in Bezug zur Bewerbungspleite hinzu: «Alleine diese Person und Organisation haben viel Kredit und viel Rückenwind versaut.» Nach den jüngsten Ereignissen am FIFA-Sitz Zürich «trauen wir uns selbst kaum noch, uns zu outen, dass wir Sportfunktionäre sind. Das kann nicht unsere Zukunft sein.»


Die internationalen Sportorganisationen müssten viel tun, damit nicht noch mehr Glaubwürdigkeit verloren gehe, warnte de Maizière. «Wir müssen aufpassen, dass sich die Menschen nicht abwenden.»

Enttäuscht zeigte sich Hörmann auch über Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der am Abend des Nein zu Olympia sagte, der Sport müsse liebenswürdiger werden. «Das klingt in der Adventszeit gut und sympathisch», stellte Hörmann ironisch fest und fragte süffisant: Sei es denn liebenswürdig, dass ein Drittel der Schulsportstunden entfallen oder das Bestehen der Schulwettbewerb «Jugend trainiert für Olympia» am seidenen Faden hing. «Das verstehen wir nicht unter Liebenswürdigkeit.»


Überhaupt kein Verständnis hatte er dafür, dass vor dem DOSB-Konvent auf der Webseite des staatlich geförderten Bundesinstituts für Sportwissenschaften (BISp) der Vorschlag gemacht wurde, ein «Bundesamt für Sport» unter Regie des Bundesinnenministeriums zu schaffen, das auch die Förderung der Verbände steuern soll. «Ich sage für den Sport: Das ist nicht unsere Vision», konterte Hörmann diesen Angriff auf die Autonomie des Sports. «Erspart uns eine solche Entwicklung zurück in die vergangenen Jahrhunderte.»


Diesem Aufruf will Minister de Maizière, der nichts von dem BISp-Papier wusste, folgen. «Wenn jemand etwas im Internet veröffentlicht, ist es plötzlich ein Geheimplan des Ministeriums», meinte der CDU-Politiker. «Das ist einfach dämlich.»


Ungeachtet dieses peinlichen Vorpreschens des BISp forderte er, die Neustrukturierung des Leistungssports auch ohne den Rückenwinds einer Olympia-Kandidatur voranzutreiben. «Es wäre falsch, sich in Enttäuschung zu ergötzen oder uns mit Schuldzuweisungen zu beschäftigen. Wir sollten in die Hände spucken und an die Arbeit gehen.» Die Reform des Spitzensports müsse nun gemeinsam bis 2017 konzipiert werden. «Müssen wir es tun? Ich fände es schöner, wenn wir sagen: Wir möchten es tun», sagte de Maizière.


Beim Thema der künftigen finanziellen Förderung des Sports blieb der Minister vage. «Erst müssen wir vernünftige Konzepte erarbeiten, und dann müssen wir klären, wer und was wir finanzieren», erklärte de Maizière, der aus dem Ziel, mehr Medaillen bei Olympia zu holen, keinen Hehl machte. Er betonte deshalb einmal mehr: «Wenn der Staat Spitzensportförderung macht, muss auch Spitzensport rauskommen.»


Für Hörmann ist die Reform, mit der der deutsche Sport wieder auf Dauer in der Weltspitze etabliert werden soll, jedoch «ein nationaler Kraftakt». Zumal man sich auf «ein Jahrzehnt ohne Olympia-Bewerbung» einzustellen habe. «Wir wollen jetzt die freigewordenen Kräfte nutzen. In Hannover haben wir dazu viel Kraft getankt.» (DPA)