Russland: Erdogan persönlich macht Ölgeschäfte mit dem IS

Das Foto aus einem russischen Kampfflugzeug soll Fahrzeugkolonnen des IS zeigen, mit denen Öl transportiert wird. Foto: Russisches Verteidigungsministerium
Das Foto aus einem russischen Kampfflugzeug soll Fahrzeugkolonnen des IS zeigen, mit denen Öl transportiert wird. Foto: Russisches Verteidigungsministerium

Russland hat im Konflikt mit der Türkei Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan persönlich Verwicklungen in den Ölhandel mit der Terrormiliz IS vorgeworfen. «Hauptabnehmer des vom Islamischen Staat in Syrien und im Irak gestohlenen Erdöls ist die Türkei», sagte Vizeverteidigungsminister Anatoli Antonow in Moskau. «Nach vorliegenden Angaben sind die politische Führung des Landes, Präsident Erdogan und seine Familie, auch verwickelt.»

Erdogan ging bei einem Besuch in Doha nicht auf die Vorwürfe gegen seine Person und seine Familie ein. Er kündigte aber erneut seinen Rücktritt an, sollte Moskau beweisen, dass die Türkei IS-Öl beziehe. Niemand habe das Recht, solche Anschuldigungen zu erheben, sagte Erdogan. «Diejenigen, die solche Verleumdungen betreiben, müssen sie beweisen. Sobald sie sie beweisen, werden ich nicht einmal eine Minute länger auf diesem Präsidentensitz bleiben.» Sollte es keine Beweise geben, «sollten diejenigen, die diese Verleumdungen betreiben, zurücktreten».


Zu Moskaus Sanktionen nach dem Abschuss eines russischen Kampfflugzeugs durch die Türkei im syrischen Grenzgebiet sagte Erdogan: «Mit Bedauern sehen wir Russlands unverhältnismäßige Reaktionen in einer Angelegenheit, in der die ganze Welt akzeptiert hat, dass wir im Recht sind. Wenn diese Reaktionen andauern, dann werden wir natürlich gezwungen sein, unsere eigenen Maßnahmen zu ergreifen.» Zugleich sprach sich Erdogan für eine Deeskalation der Krise aus.


Antonow sagte: «Uns ist der Wert von Erdogans Worten bekannt. Einmal haben ihn türkische Journalisten schon beim Lügen ertappt, als türkische Waffenlieferungen unter dem Deckmantel von humanitärer Hilfe aufgedeckt wurden. Diese Journalisten kamen dafür hinter Gitter. Die Chefs werden nicht zurücktreten, auch Herr Erdogan nicht, und niemand wird etwas zugeben, auch wenn Flecken des gestohlenen Öls auf ihren Gesichtern zu sehen sein würden.»


Der Konflikt zwischen Moskau und Ankara eskaliert seit dem Abschuss des russischen Bombers in der vergangenen Woche. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Montag gesagt, die Türkei habe das Flugzeug im Grenzgebiet zu Syrien abgeschossen, um Öl-Lieferrouten des IS in das Land zu schützen.


Laut Russlands Vize-Generalstabschef Sergej Rudskoi hat Moskau mit Hilfe von Satellitenaufnahmen die drei wichtigsten Wege für IS-Öl in die Türkei ermittelt. An der Grenze würden Tanklaster unkontrolliert von türkischen Behörden in das Land gelassen, sagte Rudskoi. Der Chef des Nationalen Verteidigungszentrums Russlands, Sergej Misinzew, sagte: «Allein in der vergangenen Woche wurden vom Territorium der Türkei rund 2000 Mann, mehr als 120 Tonnen Munition und knapp 250 Fahrzeuge für den IS und Al-Nusra nach Syrien geschmuggelt.»


Der russische Außenminister Sergej Lawrow kündigte am Mittwoch ein Treffen mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu an. «Wir werden uns anhören, was er zu sagen hat», sagte Lawrow bei einem Besuch in Zypern. Das Gespräch soll demnach am Rande eines Treffens der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am Donnerstag und Freitag in der serbischen Hauptstadt Belgrad stattfinden. Er entspreche damit einer Bitte Ankaras, sagte Lawrow.


Im Kampf gegen den IS ist die Türkei nach Angaben von US-Außenminister John Kerry zu einer vollständigen Abriegelung der Grenze nach Syrien bereit. «Es gibt einen 98-Kilometer-Abschnitt der Grenze, der noch geschlossen werden muss», sagte Kerry in Brüssel. Erdogan habe zugesagt, diesen Sektor abzuriegeln. Der betroffene Grenzabschnitt wird auf der syrischen Seite vom IS kontrolliert.


«Es ist genauso im Interesse der Türkei, die Bewegung von illegal transportiertem Öl oder den Übergang ausländischer Kämpfer in die eine oder die andere Richtung abzuriegeln», sagte Kerry. «Ich bin zuversichtlich, dass die Türkei versteht, wie wichtig das sein wird.» (DPA)