Gesundheitssystem geht kaum auf Bedürfnisse Älterer ein

Ältere Frauen mit Rollatoren aus einem Seniorenheim in Frankfurt (Oder) mit ihren Pflegekräften bei einem Spaziergang. Foto: Patrick Pleul/Illustration
Ältere Frauen mit Rollatoren aus einem Seniorenheim in Frankfurt (Oder) mit ihren Pflegekräften bei einem Spaziergang. Foto: Patrick Pleul/Illustration

Das derzeitige Gesundheits- und Pflegesystem geht nach einer Studie nicht ausreichend auf die Bedürfnisse älterer Menschen ein. Eine integrierte Pflege, die mehr Hilfe im Alltag biete, könnte häufig teure stationäre Aufenthalte verhindern oder zumindest verkürzen. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Dienstag verbreitete Studie im Auftrag der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC). Die Akteure im Gesundheitswesen seien sehr spezialisiert und arbeiteten getrennt von einander.

Dies führe zu Doppel- und Dreifachbehandlungen und damit zu unnötigen Mehrkosten.


Michael Burkhart, Leiter des PwC-Bereichs Healthcare und Pharma, erläuterte, alte Menschen betrachteten Gesundheit ganz unterschiedlich. «Was die einen als Krankheit empfinden, die behandelt werden sollte, betrachten andere als altersbedingte Beschwerden, die sie für sich akzeptieren.» Letztere benötigten lediglich Hilfe für Dinge, die sie nicht mehr selbst schaffen. Ansonsten könnten sie ihr Potenzial voll ausschöpfen. «Unser Gesundheitswesen bietet da kaum Unterstützung und fragt alte Menschen nicht nach ihren Bedürfnissen», kritisierte Burkhart.


Um das Gesundheitssystem angesichts der alternden Gesellschaft dauerhaft zu finanzieren, empfehlen die PwC-Experten alternative Vergütungssysteme wie pauschale Vorauszahlungen pro Versichertem. Netzwerke ambulanter Dienstleister könnten dann über mehrere Jahre hinweg die gesundheitliche Versorgung einer Gruppe von Menschen übernehmen, für die sie feste Sätze pro Person erhalten. Wie das Budget eingesetzt werden solle, entschieden die Pflegeteams vor Ort. «Je besser die Qualität der Betreuung, je besser die Prävention, desto weniger Kosten fallen langfristig an.»


Burkhart verwies auf erste Modelle, die in diese Richtung zielen. Das «Gesunde Kinzigtal» sei eine solche Einrichtung, die 31 000 Versicherte der AOK und LKK Baden-Württemberg betreut. Die Krankenkassen zahlen demnach für sie vorab einen Abschlag. Falls Qualität und Prävention zu geringeren Kosten für die Versicherten führten als im bundesweiten Schnitt, erhalte dieses Netzwerk aus Ärzten, Therapeuten und Kliniken einen Anteil der erreichten «Gesundheitsdividende».


Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, Krankenhäuser, Pflegeheime, ambulante Dienste und niedergelassene Ärzte agierten nebeneinander her. Doch die Politik ziehe daraus keine Konsequenzen. «Weiterhin zahlen wir für schlechte Pflege gutes Geld. Dabei wäre eine integrierte Pflege der älteren Generation nicht teurer», erklärte Stiftungsvorstand Eugen Brysch.


Zum 1. Januar startet das zweite Pflegestärkungsgesetz von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Danach soll Pflege so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden möglich werden, nach dem Grundsatz: «Reha vor Pflege». Unter anderem sollen also Rehabilitationsangebote stärker in die Pflege integriert werden. (DPA)