Zwei Wochen nach Beginn der WM-Affäre: Fragen & Antworten

Franz Beckenbauer war der Präsident des Organisationskomitees der Fußball-WM 2006. Foto: Peter Endig
Franz Beckenbauer war der Präsident des Organisationskomitees der Fußball-WM 2006. Foto: Peter Endig

Lügen-Vorwürfe, ungeklärte Zahlungen, täglich neue Fragen - auch zwei Wochen nach Beginn der Sommermärchen-Affäre sind fast alle zentralen Punkte offen. Das Wirrwarr um die WM 2006 beschäftigt inzwischen Ermittler beim Deutschen Fußball-Bund, der FIFA und der Staatsanwaltschaft - Antworten gibt es aber weiterhin kaum. Ein Überblick der drängendsten Themen:

Was ist über die Zahlungen inzwischen bekannt?

Rund um den Schlüssel zur ganzen Affäre ist fast alles weiter unklar. Laut DFB-Darstellung soll der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus im Jahr 2002 und damit ausdrücklich nach der Vergabe der WM 6,7 Millionen Euro an die FIFA-Finanzkommission gezahlt haben. Dafür gibt es aber keine Belege. Einen Zahlungseingang kann der Weltverband bislang nicht feststellen.


Auch die vermeintliche Rückzahlung drei Jahre später bleibt im Dunkeln. Die «Bild» berichtete, dass es Belege für eine Zahlung des DFB an die FIFA über 6,7 Millionen Euro sowie eine daraufhin vom damaligen FIFA-Generalsekretär Urs Linsi angewiesene Weiterleitung an Dreyfus gebe. Die «Süddeutsche Zeitung» schreibt hingegen unter Berufung auf DFB-Quellen, dass das Geld nicht wie bislang angenommen auf ein Konto der BNP Paribas, sondern der Zürcher UBS geflossen sei. Damit steht wieder infrage, ob das Geld überhaupt beim Weltverband als Organisation gelandet ist.


Was steckt hinter den Zahlungen?

Es gibt mehrere Theorien. Eine besagt nach wie vor: Die WM 2006 wurde gekauft, aus einer «schwarzen Kasse» der deutschen WM-Macher wurden mehrere FIFA-Funktionäre bestochen. Sollten die ominösen Dreyfus- Millionen aber an das frühere FIFA-Finanzkommissionsmitglied Mohamed bin Hammam oder an den mittlerweile gesperrten FIFA-Chef Joseph Blatter selbst geflossen sein, könnte es aber auch um eine andere schwarze Kasse gehen: Um dunkle Kanäle beim Weltverband selbst. Die Version des DFB und des damaligen OK-Chefs Franz Beckenbauer bleibt: Die 6,7 Millionen seien «nur» geflossen, um sich einen Organisationszuschuss der FIFA zu sichern.


Also war das Sommermärchen doch gar nicht gekauft?

Auch das lässt sich noch auf keinen Fall ausschließen. Wann welche Zahlungen wohin geflossen sind, ist immer noch unklar. In der öffentlich wie mittlerweile auch juristisch geführten Auseinandersetzung zwischen Günter Netzer und Theo Zwanziger steht weiterhin Aussage gegen Aussage - und damit ein Gerichtsprozess bevor. Ob Netzer dem früheren DFB-Präsidenten wirklich vom Stimmenkauf der vier Asiaten vor der WM-Vergabe berichtet hat, wird sich aber vielleicht niemals herausfinden lassen.


Welche Folgen hat die Affäre bislang?

Der Imageschaden für den Deutschen Fußball-Bund, seinen Präsidenten Wolfgang Niersbach und auch für Franz Beckenbauer ist schon jetzt immens - auch ihre Glaubwürdigkeit steht schwer infrage. «Dass sich Niersbach und andere deutsche Top-Fußballfunktionäre seit Jahren routiniert über das fallende FIFA-Kartenhaus in Zürich geschockt zeigen, ist nicht mehr im Ansatz glaubwürdig», kommentierte der englische «Guardian». Das DFB-Präsidium sprach Niersbach zwar vorerst demonstrativ das Vertrauen aus, intern soll es beim Verband aber kräftig rumoren. Zudem wirft die Affäre einen dunklen Schatten auf die deutsche Bewerbung für die EM 2024.


Wie lange dauert die Affäre noch?

Die ungeklärten Fragen und auch die schleppende Aufklärung machen das Thema zum Dauerbrenner. Die vom DFB in Auftrag gegebene Ermittlung durch die Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer soll noch «einige Wochen» dauern. Auch an der Unabhängigkeit dieser Untersuchung gibt es mittlerweile massive Zweifel - es gibt eine private Verbindung zwischen einem engen Niersbach-Mitarbeiter und einem der Partner von Freshfields. Die FIFA teilte auf Anfrage mit, in ihrer von externen Juristen durchgeführten Untersuchung werde es aktuell «keine weitere Stellungnahme» geben. Auch das Bundesinnenministerium prüft aktuell Akten, die Frankfurter Staatsanwaltschaft sprach zuletzt von einem «Beobachtungsvorgang». (DPA)