Seehofers dunkle Drohungen - und was wäre, wenn?

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Foto: Andreas Gebert/Archiv
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Foto: Andreas Gebert/Archiv

Seit Wochen baut CSU-Chef Horst Seehofer Druck auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf. So will er ein Umsteuern der Bundesregierung erzwingen, um den Zustrom von Flüchtlingen vor allem über die bayerische Grenze zu stoppen. Erklärte Stunde der Wahrheit: das Krisentreffen der schwarz-roten Parteichefs am Sonntag. Doch was wäre, wenn? Wenn Seehofer nicht bekommt, was er will? «Wir sind auf alles vorbereitet», lautet seine dunkle Drohung. Welche Optionen hätte er - von bayerischen Alleingängen bis zum ganz großen Knall?

BAYERISCHE NOTWEHR: Möglich wäre eine «Notwehr» der bayerischen Verwaltung, die Seehofer schon vor einigen Wochen androhte. Bayern könnte täglich Tausende Flüchtlinge per Bus und Zug unangemeldet in andere Bundesländer bringen lassen. Die Gefahr: Das würde politische Feinde und Freunde im restlichen Deutschland gegen Bayern aufbringen, einschließlich der Verbündeten in der CDU, die Merkel ebenfalls zum Kurswechsel zwingen wollen.


BAYERISCHER GRENZSCHUTZ: Eine eigenmächtige Abriegelung der Grenze zu Österreich ist eine eher theoretische Option. Die Landespolizei hat gar nicht ausreichend Personal, um die Grenze effektiv zu bewachen, es sei denn, alle anderen Aufgaben blieben liegen. Ein Stück aus dem Tollhaus wäre eine Situation, wenn die eigentlich für die Grenze zuständige Bundespolizei Flüchtlinge hineinlässt, und bayerische Polizisten diese anschließend festnehmen wollten. Einen Grenzzaun will Seehofer nicht bauen lassen.


BAYERISCHE KLAGE: Angedroht ist schon eine Klage Bayerns gegen den Bund vor dem Bundesverfassungsgericht. Das hätte mehr symbolische als praktische Bedeutung. Denn ein Verfahren in Karlsruhe dauert Jahre, Seehofer will aber eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen innerhalb weniger Wochen. Und die bayerische CSU ist mit drei Ministern selbst Teil der Bundesregierung.


SYMBOLISCHE NADELSTICHE: Denkbar wären politische Strafmaßnahmen - zum Beispiel eine Ausladung Merkels, die am 21. November für das traditionelle Grußwort der Schwesterpartei zum CSU-Parteitag kommen soll. Oder ein Boykott der Berliner Kabinettssitzungen durch die CSU-Minister für einige Zeit. Das wäre jedoch schon ein erheblicher Affront, und Einfluss nehmen könnten sie dann auch nicht mehr.


KOALITIONSFRAGE: Ein echter Abzug vom Regierungstisch würde auf einen Ausstieg der CSU aus der Koalition hinauslaufen - eine selbstzerstörerische Option mit völlig ungewissem Ausgang. Das wäre auch der Bruch zwischen den Unionsparteien, den Seehofer nicht will. Rein rechnerisch könnte Merkels CDU zwar ohne CSU mit der SPD in Berlin weiterregieren. Auch das wäre aber eine beispiellose Fahrt ins Ungewisse. Wahrscheinlicher wären dann wohl Neuwahlen.


VERTRAUENSFRAGE: Auswirkungen dürfte der Ausgang des Krisentreffens in jedem Fall auf die Stimmung in der Unionsfraktion haben, die sich am Dienstag wieder trifft. Schon zuletzt brodelte es unter den 310 Abgeordneten, darunter 56 der CSU. Längst stehen aber auch CDU-Kollegen auf und verlangen von Merkel eine Kehrtwende. Denkbar wären Versuche, mit Anträgen eine Abstimmung in der Fraktion zu erzwingen. Das liefe aber schnell auf ein Votum für oder gegen Merkel hinaus. Die Kanzlerin selbst macht keine Anstalten, zum schärfsten Disziplinierungsmittel zu greifen: einer Vertrauensfrage an die eigenen Reihen im Bundestag. (DPA)