Beckenbauer gesteht in WM-Affäre Fehler ein

Franz Beckenbauer will mit den Ermittlern reden. Foto: Fredrik von Erichsen
Franz Beckenbauer will mit den Ermittlern reden. Foto: Fredrik von Erichsen

Franz Beckenbauer bricht in der Sommermärchen-Affäre sein eisernes Schweigen und gesteht erstmals einen eigenen «Fehler» ein. Zwar bestritt die angekratzte Lichtgestalt erneut vehement einen Stimmenkauf vor der Fußball-WM 2006 und griff indirekt den früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger an, ließ aber ansonsten weiter viele Fragen offen.

«Um einen Finanzierungszuschuss der FIFA zu erhalten, wurde auf einen Vorschlag seitens der FIFA-Finanzkommission eingegangen, den die Beteiligten aus heutiger Sicht hätten zurückweisen sollen», teilte Beckenbauer über sein Management schriftlich mit. «Für diesen Fehler trage ich als Präsident des damaligen


Organisationskomitees die Verantwortung.» Er habe bei einer Anhörung der externen Untersuchungskommission des Deutschen Fußball-Bundes sämtliche Fragen beantwortet.


Mit seiner Aussage stützte Beckenbauer die Version des schwer angeschlagenen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach, der sich am Donnerstag bei einer Pressekonferenz auf seinen langjährigen Weggefährten berufen hatte. Demnach soll Beckenbauer 2002 mit Weltverbands-Chef Joseph Blatter Einigung über eine Zahlung von 6,7 Millionen Euro an die FIFA erzielt haben. Mit dem Geld soll sich der Verband einen Zuschuss in Höhe von 250 Millionen Schweizer Franken für die Organisation der Weltmeisterschaft 2006 gesichert haben.


Blatter hatte ein Treffen mit Beckenbauer und auch den Erhalt einer Zahlung mehrfach bestritten haben. «Ich habe niemals Geld von Beckenbauer verlangt. Nie im Leben. Auch nicht vom DFB. Das stimmt einfach nicht», erklärte der derzeit gesperrte FIFA-Chef zuletzt.


Beckenbauer betonte erneut: «Es wurden keine Stimmen gekauft, um den Zuschlag für die Fußballweltmeisterschaft 2006 zu bekommen.» Er werde sich nun «anders als andere Beteiligte, deren Verhalten ich teilweise als unsäglich empfinde», nicht weiter öffentlich äußern, erklärte er weiter.


Ein schwerer Seitenhieb gegen Zwanziger, der sich tags zuvor auch über Beckenbauer geäußert hatte. Ausgangspunkt der gesamten Affäre sei für ihn ohnehin «das richtig verrottete System der FIFA, in das Beckenbauer hineinstolpern musste, um überhaupt eine Chance zu haben, diesen World Cup nach Deutschland zu holen», sagte Zwanziger bei «Spiegel TV».


Der frühere DFB-Präsident erklärte nach Beckenbauers Mitteilung nun: «Ich bin froh, dass der Franz endlich was gesagt hat», sagte Zwanziger den Zeitungen des «RedaktionsNetzwerks Deutschland» und sah sich dadurch bestätigt. «Mein Interesse war es nie, einen Stimmenkauf zu inszenieren.»


Mit seiner 13-zeiligen Erklärung lässt Beckenbauer viele Fragen offen. Beispielsweise ist weiterhin der Schlüsselpunkt der Affäre ungeklärt: Von wem genau ging die Zahlung aus Deutschland wann an wen?

Der öffentliche Erklärungsdruck auf Beckenbauer war zuvor weiter gewachsen. In DFB-Vizepräsident Peter Frymuth, gleichzeitig auch Chef des Fußballverbandes Niederrhein, hatte zum ersten Mal auch ein Funktionär oder Aktiver aus dem Bereich des Fußballs Aufklärung von ihm gefordert. «Die Basis wünscht sich Antworten von ihren Idolen», sagte Frymuth der «Rheinischen Post» (Montag). «Niemand hat Verständnis dafür, dass sich einige ihrer Verantwortung nicht stellen.» Zu einer gründlichen Aufarbeitung gehöre, «dass Beckenbauer und Netzer zur Aufklärung beitragen. Es geht um mehr als persönliche Befindlichkeiten - es geht um das Vertrauen in den Fußball.»


Günter Netzer soll Zwanziger 2012 nach der Darstellung des ehemaligen Verbandschefs bei einem Treffen in Zürich gestanden haben, dass jene 6,7 Millionen Euro vor der Vergabe der WM zur Bestechung von vier asiatischen FIFA-Funktionären verwendet worden seien. Der Weltmeister von 1974 und enge Vertraute des 2009 gestorbenen Louis-Dreyfus weist das allerdings zurück.


Aufgrund solcher Enthüllungen steht Zwanziger («Es ist eindeutig, dass es eine schwarze Kasse in der deutschen WM-Bewerbung gab») innerhalb der Fußball-Szene in erster Linie als Buhmann da. Immer mehr prominente Namen kritisieren öffentlich das Verhalten Zwanzigers. «Ich finde das nicht gut, das geht ja schon länger. Ich verstehe das nicht, man soll nicht nachtreten», sagte Uwe Seeler, Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft, am Montag der Deutschen Presse-Agentur.


Zwanziger will nun unbedingt vor den externen Ermittlern aussagen und ihnen alle Unterlagen präsentieren, die er besitzt. «Weil nur so die Wahrheit auf den Tisch kommen kann, die nun mal zum Schutz meines Mandanten unerlässlich ist», wie sein Anwalt Hans-Jörg Metz bereits am Wochenende in einem Interview von «Spiegel Online» sagte.


Bei «Spiegel TV» wehrte sich Zwanziger am Sonntag noch einmal gegen den Vorwurf, mit seinen Aussagen lediglich seinen Intimfeind und Nachfolger Wolfgang Niersbach stürzen zu wollen. «Ich will Herrn Niersbach nicht sein Amt nehmen. Von mir aus kann er da noch 20 Jahre weiter regieren.» (DPA)