Rekordverlust für Deutsche Bank

Dunkle Wolken ziehen über der Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt am Main auf. Foto: Arne Dedert/Archiv
Dunkle Wolken ziehen über der Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt am Main auf. Foto: Arne Dedert/Archiv

Die Deutsche Bank erwartet wegen gigantischer Abschreibungen für das dritte Quartal einen Rekordverlust und stimmt auf weitere Belastungen ein. Unter dem Strich dürfte ein Minus von 6,2 Milliarden Euro stehen, wie der Frankfurter Dax-Konzern überraschend am Mittwochabend ankündigte. Selbst auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 waren die Zahlen der Bank nicht so tiefrot. Für die ersten neun Monaten 2015 rechnet die Bank mit 4,8 Milliarden Euro Verlust.

Die endgültigen Zahlen will das Institut am 29. Oktober vorlegen. Dann soll die Öffentlichkeit auch erfahren, an welchen Stellschrauben der seit Juli amtierende Co-Chef John Cryan noch drehen will, um Deutschlands größtes Geldhaus wieder auf Kurs zu bringen. Zuletzt hieß es in Finanzkreisen, dass über die bereits beschlossene Trennung von der Postbank hinaus bis zu 10 000 Stellen auf der Kippe stünden.


Tiefrote Zahlen und Sparkurs werden auch die Aktionäre zu spüren bekommen. Die Bank kündigte an, die Dividende für das Geschäftsjahr 2015 zu reduzieren oder ganz ausfallen zu lassen. Es wäre das erste Jahr seit den 1950er Jahren ohne Gewinnausschüttung der Bank.


Auch die Mitarbeiter müssen sich auf Einbußen einstellen. Es sei zwar noch keine Entscheidung bezüglich der Boni gefallen, schrieb Cryan an die Belegschaft. Die Aktionäre erwarteten jedoch «zu Recht, dass die Mitarbeiter einen Teil der Belastung tragen». Cryan versicherte, er werde sich für «einen fairen Ausgleich zwischen Mitarbeiter- und Aktionärsinteressen» einsetzen.


Den gewaltigen Verlust erklärte die Bank in erster Linie mit drei Faktoren, die sich auf rund 7,6 Milliarden Euro addieren. Allein auf den Geschäfts- und Firmenwert im Privatkundengeschäft sowie im Investmentbanking schreibt der Konzern rund 5,8 Milliarden Euro ab.


In diesen Bereichen will Cryan, der die Bank nach der Hauptversammlung im Mai 2016 alleine führen soll, besonders stark umbauen und sparen. Dabei reduziert die Deutsche Bank auch den Wert der Tochter Postbank, von der sie sich im kommenden Jahr trennen will. Weitere 600 Millionen Euro wird das größte deutsche Geldhaus auf ihre knapp 20-prozentige Beteiligung an der chinesischen Bank Hua Xia abschreiben, die nun ebenfalls veräußert werden soll.


Hinzu kommen weitere Rückstellungen von rund 1,2 Milliarden Euro für die zahlreichen Rechtsstreitigkeiten. Diese Altlasten dürften die Bank Cryans Einschätzung noch lange beschäftigen. Er rechne damit, «dass Kosten und Belastungen aus Rechtsstreitigkeiten uns auch in zukünftigen Quartalen weiter belasten werden», bekräftigte der Brite.


Trotz des gewaltigen Verlusts soll die harte Kernkapitalquote bei rund elf Prozent bleiben. Grund ist, dass die Wertminderungen keinen großen Einfluss auf das von Aufsehern akzeptierte Eigenkapital haben.


Der ehemalige UBS-Finanzchef Cryan hatte zum 1. Juli Anshu Jain an der Führungsspitze der Bank abgelöst. Der zweite Co-Chef, Jürgen Fitschen, bleibt noch bis zur Hauptversammlung im Mai 2016 im Amt, ehe der Brite allein das Ruder übernimmt.


Noch in Jains Amtszeit hatte die Bank im April beschlossen, sich von der Postbank zu trennen und rund ein Drittel der 700 eigenen Filialen zu schließen. Daran will Cryan festhalten, wie er kurz nach seinem Amtsantritt ankündigte. Er hatte diese Entscheidungen als Mitglied des Deutsche-Bank-Aufsichtsrats mit beschlossen. Analysten und Investoren vermissten jedoch den großen Befreiungsschlag. (DPA)