«Baum des Lebens» vereint 2,3 Millionen bekannte Arten

Forscher haben einen modernen «Baum des Lebens» aufgestellt, der auch noch weiterwachsen soll. Er enthält alle bekannten Tier-, Pflanzen und Pilzarten sowie Mikroben. Foto: Patrick Pleul
Forscher haben einen modernen «Baum des Lebens» aufgestellt, der auch noch weiterwachsen soll. Er enthält alle bekannten Tier-, Pflanzen und Pilzarten sowie Mikroben. Foto: Patrick Pleul

Ann Arbor (dpa) – Forscher haben einen Stammbaum für alle bekannten Arten von Tieren, Pflanzen, Pilzen und Mikroben erstellt. Der «Open Tree of Life» (Offener Baum des Lebens) reicht von den urtümlichen Archaebakterien bis zum Menschen und ist im Internet frei verfügbar. Damit lässt sich erstmals die Abstammung und Verwandtschaft aller Arten, die heute einen wissenschaftlichen Namen tragen, bis an den Ursprung des Lebens vor etwa 3,5 Milliarden Jahren zurückverfolgen.


Ein besseres Verständnis der Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Arten sei etwa wichtig, um neue Medikamente zu entwickeln, landwirtschaftliche Erträge zu steigern oder der Herkunft und Verbreitung von Krankheiten wie Aids, Ebola und Grippe nachzuspüren. 


Der gigantische Stammbaum entstand in jahrelanger Arbeit aus den Daten zahlreicher früherer Studien, die aber immer nur einzelne Äste dieses Baums des Lebens abbildeten.


Die amerikanische Forschergruppe um Cody Hinchliff und Stephen Smith von der Universität Michigan in Ann Arbor, USA, hat nun erstmals die verfügbaren Daten zu diesem Mammutbaum zusammengefügt. Sie stellen ihre Arbeit in der Fachzeitschrift «Proceedings» der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften («PNAS») vor.


«Dies ist der erste ernsthafte Versuch, alle Punkte zu verbinden und zu einem Ganzen zusammenzufügen», erklärt Projektleiterin Karen Cranston von der Duke Universität in Durham, USA. «Betrachten sie es als Version 1.0.» Der Stammbaum zeige aber nicht nur, was über die verwandtschaftlichen Beziehungen der Arten bekannt ist, betonen die Forscher. Er offenbare ebenso deutlich die zahlreichen Wissenslücken. Um diese Lücken zusehends zu füllen, ist der Stammbaum im Internet frei zugänglich und kann mit zusätzlichen Daten erweitert werden.


«Das ist erst der Anfang», sagt auch Smith. «Wir hoffen, das unsere Veröffentlichung andere Forscher dazu ermutigt, ihre eigenen Ergebnisse hinzuzufügen.» Denn eines der größten Probleme bei der Arbeit sei gewesen, dass viele vorhandene Studien und Daten nicht digital verfügbar seien.


Einen Anspruch auf Vollständigkeit stellen Smith und seine Kollegen ohnehin nicht. Schließlich sind nur wenige Prozent der vermutlich zigmillionen Arten, die auf der Erde leben, überhaupt in wissenschaftlichen Datenbanken verzeichnet.


«Vor 25 Jahren noch hielt man es für unmöglich, einen so umfassenden Stammbaum zu erstellen», betont Mitautor Douglas Soltis von der Universität Florida. «Der Open Tree of Life ist ein wichtiger Ausgangspunkt für andere Forscher, die ihn in kommenden Jahrzehnten verfeinern und verbessern können.» (DPA)