Parkett gegen Hochflor - BGH lässt lautere Holzböden zu

Auch wenn heute viel schärfere Bestimmungen gelten: Schon in früheren Entscheidungen hatte der BGH betont, dass sich Eigentümer bei Gebäudesanierungen nicht an die neuesten Schallschutz-Bestimmungen halten müssen. Foto: Ingo Wagner
Auch wenn heute viel schärfere Bestimmungen gelten: Schon in früheren Entscheidungen hatte der BGH betont, dass sich Eigentümer bei Gebäudesanierungen nicht an die neuesten Schallschutz-Bestimmungen halten müssen. Foto: Ingo Wagner

Es war schön ruhig bei den Rentnern aus Travemünde - bis ein Nachbar seinen Teppich durch Parkett ersetzte. Weil die Grenzwerte aus der Zeit des Hausbaus eingehalten werden, müssen sie sich mit mehr Lärm abfinden, hat der Bundesgerichtshof entschieden. Es muss eine Traumwohnung sein: 20 Stockwerke über der Erde mit ungetrübtem Blick auf die Ostsee und ihre Segler. Wenn da nur nicht die darüber wohnenden neuen Eigentümer wären. Die haben vor sieben Jahren den alten hochflorigen Teppichboden herausgerissen und durch Parkett ersetzt. Seitdem gibt es Streit: 

Denn es ist um einiges lauter geworden für das schon lange hier wohnende Rentner-Paar aus Travemünde.


Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) müssen sich die beiden damit abfinden. Und unzählige andere Menschen auch, die sich ebenfalls an den Schritten, dem lauten Schnarchen oder lärmenden Unterhaltungen der Nachbarn in Mehrfamilienhäusern stören.


«Das ist eine ganz klare Entscheidung», sagt Anwältin Beate Heilmann vom Deutschen Anwaltverein (DAV). Aus ihrer Sicht festigen die höchsten deutschen Zivilrichter damit ihre bisherige Rechtsprechung zum Thema. Die Entscheidung wirke sich auch auf Mieter aus. Die können nun nach wie vor nicht auf Mietminderung pochen, wenn die Schritte auf dem Holzboden in der Wohnung drüber nerven. Dies zumindest dann, wenn DIN-Lärmwerte aus der Zeit eingehalten werden, aus der die Gebäude stammen.


Auch wenn heute viel schärfere Bestimmungen gelten: Schon in früheren Entscheidungen hatte der BGH betont, dass sich Eigentümer bei Gebäudesanierungen nicht an die neuesten Schallschutz-Bestimmungen halten müssen (Az.: VIII ZR 287/12; V ZR 204/11; VIII ZR 85/09). Viele notwendige Modernisierungen würden sonst erst gar nicht angepackt. So hatte ein Mann vor drei Jahren keinen Erfolg, der die Miete um 20 Prozent mindern wollte, weil es ihm nach dem Umbau einer darüberliegenden Dachgeschosswohnung zu laut war.


Stöckelschuhe auf hellhörigen Böden oder lärmende Kinder durch die Tagesmutter im Haus: «Lärm in einem Mehrparteienhaus ist eine ganz häufige Streitfrage», weiß Juristin Inka-Marie Storm vom Hauseigentümerverband Haus und Grund. «Was Geräusch-Emissionen vom Nachbarn angeht, muss man eine gewisse Toleranz haben», meint sie.


Vieles kann in Teilungserklärungen der Hausgemeinschaft geregelt werden. Steht darin nichts über die Beschaffenheit der Böden in den Wohnungen, ist das schlicht Privatsache, betonte am Freitag der BGH. «Der Schallschutz muss in erster Linie durch die im Gemeinschaftseigentum stehenden Bauteile gewährleistet werden.»


Selbst wenn beim Bau eines Mehrfamilienhauses in allen Wohnungen Teppich drin war - für alle Zeiten muss das nicht gelten, modifizierte der BGH jetzt seine eigene Rechtsprechung zum «Gepräge» eines Gebäudes, also zum kennzeichnenden Aussehen. Nicht zuletzt deshalb, weil vieles, was in den 1970er Jahren als «schick» galt, heute nicht mehr gewünscht ist.


Die Rentner aus Travemünde müssen nach den Worten ihres Anwaltes nun «etwas mehr Lärm ertragen». Vielleicht hilft ihnen da der Blick auf den weiten Sandstrand oder ein Gang zum nur zwei Gehminuten entfernten Leuchtturm.