Urlaub für Feinschmecker - Genießen auf der Alb

Käseproduktion zum Anfassen: Landwirt Helmut Rauscher prüft in seiner Käserei in Hohenstein-Ödenwaldstetten den reifenden Albkäs. Foto: Marc Herwig
Käseproduktion zum Anfassen: Landwirt Helmut Rauscher prüft in seiner Käserei in Hohenstein-Ödenwaldstetten den reifenden Albkäs. Foto: Marc Herwig

Gut essen und trinken konnten die Menschen auf der Schwäbischen Alb schon immer. Nun entwickelt sich daraus ein Tourismuskonzept für Feinschmecker. Die Alb will sich als Genießergebirge einen Namen machen - mit Kräutern, Lamm und Obstler. Die meisten Wanderer gehen achtlos über die Wiese hinweg und lassen ihren Blick über die sanften Hügel der Schwäbischen Alb schweifen. 

Doch Annegret Müller-Bächtle lenkt die Augen immer wieder nach unten. Alle paar Meter bleibt sie stehen, pflückt ein paar Halme aus der Wiese und gibt sie ihren Gästen. «Das ist Schafgarbe. Die schmeckt einfach gut im Salat und hilft auch gegen Verdauungsprobleme», erklärt sie. Kurz danach entdeckt sie ein paar Blätter: «Probieren Sie. Das ist wilder Dost. Den können wir in der Küche zu Fleisch oder Fisch dazugeben.»

 

Nach und nach sammeln sich die Touristen auf dem Beutenlay, dem Hausberg der Alb-Gemeinde Münsingen, ihr Abendessen einfach selbst. Später in der Küche des «Gasthofs Herrmann» werden sie mit Küchenchef Jürgen Autenrieth daraus ein Vier-Gänge-Menü kochen.

 

So ist das an immer mehr Orten auf der Schwäbischen Alb: Man kann probieren und vor Ort sehen, wie Lebensmittel wachsen und verarbeitet werden. Mithilfe eines Förderprojekts ist in den vergangenen Jahren ein außergewöhnliches Netzwerk an regionalen Lebensmittel-Erzeugern und -verarbeitern gewachsen. Der Schwäbischen Alb hat das ein Stück weit zu einer neuen Identität verholfen. Das fast 200 Kilometer lange Mittelgebirge zwischen Aalen und Tuttlingen, das touristisch lange ein Nischendasein geführt hat, präsentiert sich jetzt selbstbewusst als Genießerregion.

 

Gut ausgeschilderte Fahrrad- und Wanderrouten führen durch die für die Alb so typischen Wacholderheiden und Streuobstwiesen von einem Hof zum nächsten. Alle paar Kilometer kann man etwas probieren und den Produzenten über die Schulter schauen. Neben Linsen, Lamm und Streuobst-Destillaten gibt es Albschnecken, Nudeln aus Alb-Dinkel, Bier mit regionalem Hopfen oder Alb-Whisky.

 

«Früher wollten die Gäste Steaks aus Argentinien und Lamm aus Neuseeland. Heute lassen sie sich von der Qualität aus der Region überzeugen», sagt Küchenchef Autenrieth. Entscheidend sei, dass Speisen auf den Tisch kommen, die man anderswo so nicht bekommt.

 

Auf Autenrieths Speisekarte steht zum Beispiel ein Wildkräutersalat. «Dafür schicken wir Sammler raus in die Natur, um die Zutaten zu besorgen», sagt er. Am Ende landen Brennnesseln, Löwenzahn, Schafgarbe, Spitzwegerich oder Giersch auf dem Teller. Wer den Geschmack von normalem Kopfsalat gewöhnt ist, für den schmeckt der Wildkräutersalat erstmal ungewohnt bitter. «Deshalb mache ich dazu eine Vinaigrette mit viel Honig», erklärt der Küchenchef. Mit jeder Gabel hat man dann einen etwas anderen Geschmack auf der Zunge, weil die vielen Wildkräuter ganz eigene Aromen haben.

 

Direkt an der Lauter in Gomadingen-Dapfen liegt die Chocolaterie von Eberhard Laepple. Der Duft von Kaffee und Schokolade strömt einem schon an der Tür entgegen. Kakao-Bohnen wachsen zwar nicht auf der Alb. Trotzdem kommen Laepple immer neue Ideen in den Kopf, wie man Kakao und die Region in einer Praline vereinen könnte. Die bei Gourmets geschätzte Albschnecke hat er schon in Pralinen verarbeitet. Aber das sei doch eine sehr spezielle Kombination, gibt er zu.

 

«Alb-Linsen hingegen sind ein Renner.» In Torten und Pralinen verarbeitet er die kleinen Hülsenfrüchte. Sie geben den Kreationen einen etwas erdigen, nussigen Geschmack. Auch Kräuter, Wacholderbeeren, Honig und Pflaumen von der Alb verarbeitet Laepple regelmäßig in der gläsernen Konditorei.

 

Den Touristen kann dieser Trend zu regionalen Produkten nur recht sein, denn sie bewahrt auch die Landschaft. Schäfer sorgen mit ihren Herden dafür, dass die typischen Kalkmagerrasenflächen nicht zuwachsen. Neue Ideen rund um Spirituosen sichern den Bestand der Streuobstwiesen. Und Alblinsen sichern den Anbau einer alten Kultursorte auf der Alb. «Die Erzeuger pflegen dadurch unsere einmalige Natur», sagt Küchenchef Autenrieth. «Und genau das ist es ja, was unsere Gäste auch genießen wollen.»

 

Informationen:

Schwäbische Alb Tourismus, Marktplatz 1, 72574 Bad Urach Tel.: 07125/94 81 06, E-Mail: info@schwaebischealb.de

 

Literatur: 
Jürgen Autenrieth, Annegret Müller-Bächtle u.a.: «So schmeckt die Alb: Kochen mit feinen Zutaten aus dem Biosphärengebiet», Silberburg-Verlag, Tübingen 2012, 151 Seiten, 19,90 Euro, ISBN-13: 9783842511958

 

Jürgen Autenrieth, Annegret Müller-Bächtle u.a.: «Bärlauch, Salbei, Gundermann. Kochen mit Wildkräutern der Schwäbischen Alb», Silberburg-Verlag, Tübingen 2010, 159 Seiten, 19,90 Euro, ISBN-13: 9783874078641 (DPA/TMN)

 

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