Endlich Gold: Obergföll landet den großen Wurf

Überglücklich jubelt Christina Obergföll mit der deutschen Fahne über ihren Sieg. Foto: Bernd Thissen
Überglücklich jubelt Christina Obergföll mit der deutschen Fahne über ihren Sieg. Foto: Bernd Thissen

Christina Obergföll sank auf den Rasen, verbarg ihr Gesicht in den Händen und die Tränen standen ihr in den Augen. Endlich Weltmeisterin! Die Speerwerferin hat sich in Moskau ihren langjährigen Traum erfüllt. Nach fünfmal Silber bei internationalen Titelkämpfen ist sie auf dem obersten Treppchen angekommen und ihren Ruf als «Ewige Zweite» los. Am Ende lag die 31 Jahre alte Offenburgerin ihrem Lebensgefährten und Trainer Boris Henry in den Armen und rannte freudestrahlend mit der schwarz-rot-goldenen Fahne auf die Ehrenrunde im Luschniki-Stadion.

«Jetzt habe ich es geschafft, bin endlich, endlich die Vollendete und habe den kompletten Medaillensatz. Jetzt braucht mir niemand mehr zu kommen», frohlockte Obergföll in der ARD. «Da braucht man keine Worte, um das zu erklären. Wir wissen beide, was das für sie bedeutet», sagte der frühere Weltklasse-Speerwerfer Henry am ARD-Mikrofon gerührt.

 

Im September heiraten die beiden, neben der Goldmedaille bringt Christina Obergföll auch ihren Nachnamen mit in die Ehe ein. «Boris Obergföll, da kann man sich schonmal dran gewöhnen», sagte der Speerwurf-Bundestrainer. Er hatte mit seiner Herzfrau gewettet und muss sich nach dem Titelgewinn nun von seinem Nachnamen verabschieden. Bis dahin war die Leverkusenerin Steffi Nerius mit ihrem Überraschungs-Coup von Berlin 2009 die einzige deutsche Weltmeisterin mit dem Speer.

 

Titelverteidigerin Maria Abakumowa war bei ihrem Heimspiel - unterstützt vom lautstarken russischen Publikum - zunächst mit 65,09 Metern in Führung gegangen. Doch Obergföll holte im zweiten Durchgang zum großen Wurf aus: 69,05 - Saisonbestweite! Boris Henry hätte das auf der Tribüne am liebsten gar nicht kommentiert. «Man sollte nie eine Prognose während des Wettkampfs abgeben, das bringt Unglück», sagte er. Oberföll meinte später: «Ich werfe 69 Meter mit einem - ehrlich gesagt - beschissenen Wurf. Dann war ich außer Rand und Band, weil ich nicht dachte, dass der so weit ist.»

 

Aber Abakumowa konnte nicht mehr zulegen und musste sich mit Bronze begnügen. Silber ging überraschend an die Australierin Kimberley Mickle (66,25). Die Olympia-Dritte Linda Stahl aus Leverkusen ging diesmal leer aus und kam mit 64,78 Metern auf Rang vier. Vor acht Jahren war Obergföll bei der WM in Helsinki völlig überraschend mit Europarekord von 70,03 Metern Zweite geworden. Der Silberreigen setzte sich bei der WM 2007 in Osaka sowie bei der EM 2010 in Barcelona und 2012 in Helsinki fort. Ihre bitterste Stunde erlebte die Badenerin wohl bei der Heim-WM 2009 in Berlin, als ihre deutsche Rivalin Steffi Nerius triumphierte und Obergföll als Fünfte Tränen vergoss. Auch bei der WM 2011 in Daegu enttäuschte sie als Vierte.

 

Über ihren zweiten Platz bei den Olympischen Spielen in London freute sich Obergföll riesig, sie schien ihren Frieden gemacht zu haben mit ihrer Dauerplatzierung. «London war für mich Gold wert», sagte sie vor der WM, wohlwissend, «dass ich für viele die unvollendete Zweite bin». Und doch nagte es irgendwann wieder in der deutschen Rekordhalterin: «Es fehlt einfach noch das Gold. Davon träume ich, keine Frage.»

 

International bleibt Obergföll in dieser Saison ungeschlagen, den Gesamtsieg in der Diamond League hat sie schon sicher. Und doch hatte sie immer wieder vor Abakumowa gewarnt. So war sie in der Qualifikation hypernervös und musste mitansehen, wie ihre Rivalin 69,09 Meter vorlegte. Die Russin hatte wohl schon so eine Vorahnung, als sie danach sagte: «Im Finale fängt alles noch mal von vorne an.» (DPA)

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0