Schatz der Karibik: Das Ringen um die Galeone «San José»

Fundtsücke aus der «San José». Foto:  Efe/Colombia Ministry Of Culture
Fundtsücke aus der «San José». Foto: Efe/Colombia Ministry Of Culture

Vor der Küste Kolumbiens schlummert ein Milliardenschatz. Die spanische Galeone «San José» sank 1708 nach einer erbitterte Seeschlacht gegen die Flotte des englischen Admirals Charles Wager auf den Meeresgrund - und mit ihr Millionen Gold- und Silbermünzen, Smaragde und wertvolles Geschmeide. Als Wissenschaftler Ende vergangenen Jahres Teile des Wracks vor der Hafenstadt Cartagena entdeckten, war das eine archäologische Sensation. 

 

«Der Fund erlaubt uns, die Handelsrouten zwischen Spanien und seinen Kolonien in Amerika zu verstehen und etwas über die Lebensweise der Menschen und die Schifffahrtstechnik dieser Epoche zu erfahren», sagt der Leiter der archäologischen Programms an der Universidad Externado de Colombia, José Luis Socarrás.

 

Für Schatzjäger, die auf fette Beute hoffen, hat der Wissenschaftler wenig Verständnis. «Das Wort Schatz existiert in der Sprache der Archäologen gar nicht. Alle Artefakte des Schiffs gehören zum kulturellen Erbe der Kolumbianer und sind damit unveräußerlich», sagt Socarrás. Dass Schatzsucher ein ganz unwissenschaftliches Interesse an der «San José» haben, ist jedoch nachvollziehbar: Die Schätzungen zum Wert der Ladung reichen von 3 bis 17 Milliarden US-Dollar.

 

Wem das Schiff gehört, ist allerdings durchaus umstritten. Gleich nach der Entdeckung der «San José» meldete Spanien seine Ansprüche an. Madrid pochte auf eine Konvention der Unesco über den Schutz von Gütern auf dem Meeresgrund. Nach diesem Abkommen gehören gesunkene Kriegsschiffe dem Staat ihrer Herkunft. Kolumbien hat die Konvention allerdings nicht unterzeichnet.

 

Mittlerweile zeigen sich die Spanier versöhnlicher. «Wir sind im Gespräch», sagte der Leiter des spanischen Kultur-Instituts «Acción Cultural Española», Miguel Ángel Recio Crespo, Anfang Juli bei einem Besuch in Mexiko. «Ich vertraue darauf, dass wir uns konkret austauschen, wenn die Arbeiten voranschreiten.»

 

Die Bergung des Wracks ist ausgesprochen kompliziert. «Die Galeone befindet sich in ungefähr 600 Meter Tiefe. Dort kann natürlich kein Mensch hin. Da müssen hoch entwickelte Sensoren und Roboter zum Einsatz kommen», sagt Archäologe Socarrás. «Die nächste Herausforderung wird die Konservierung der verschiedenen Materialen wie Holz, Metall und Keramik sein. Aber wir verfügen über die die notwendige Technologie.»

 

Spanien hatte zuvor vorgeschlagen, dass Wrack einfach auf dem Meeresgrund zu belassen. «Dort liegen Hunderte Spanier begraben, die bei dem Schiffbruch ums Leben kamen», sagte Justizminister Rafael Catalá Polo. «Wir denken, es wäre das Beste, das kulturelle Erbe zu akzeptieren und es dort zu belassen, wo es ist.»

 

Davon hält die kolumbianische Regierung indes nichts. «Wir werden die Galeone 'San José' bergen», kündigte Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos kürzlich an. «Das ist ein archäologisches, wissenschaftliches Projekt - kein kommerzielles.» Die ganze Welt solle von dem Sensationsfund profitieren, nicht nur einige Schatzsucher.

 

Die klare Ansage richtete sich vor allem an das US-Unternehmen Sea Search Armada. Die Amerikaner wollen das Wrack bereits in den 1980er Jahren geortet haben und beanspruchen die Hälfte des Gewinns. Sie hätten zehn Millionen US-Dollar in die Suche und weitere zwei bis drei Millionen Dollar in den Rechtsstreit mit Kolumbien gesteckt, schreiben die professionellen Schatzsucher in einer Stellungnahme.

 

Das Verfahren durchlief verschiedene nationale und internationale Instanzen. Im Oktober 2011 wies ein US-Gericht schließlich alle Ansprüche von Sea Search Armada als unbegründet zurück. «Wir ziehen weitere rechtliche Schritte in Erwägung», heißt es bei Sea Search Armada. Denkbar sei beispielsweise eine Beschwerde wegen Verletzung eines Handelsabkommens zwischen den USA und Kolumbien.

 

Archäologe Socarrás will die Schatzsucher noch nicht mal in die Nähe der «San José» kommen lassen. «Die Schatzjäger-Industrie ist verantwortlich für die Zerstörung von hunderten Fundstellen auf der ganzen Welt. Ihre einzige Motivation ist es, Objekte des kulturellen Erbes zu verscherbeln.» (DPA)