Neuer Flüchtlingsrekord löst Finanzierungsdebatte aus

Zwei Flüchtlinge sitzen auf einem Notbett. Foto: Uli Deck/Archiv
Zwei Flüchtlinge sitzen auf einem Notbett. Foto: Uli Deck/Archiv

Mit fast 5000 neuen Flüchtlingen im Südwesten hat die Zahl im Juni einen Rekord erreicht - ihre Unterbringung wird immer schwieriger. Mittlerweile setzen die Kommunen auf Container oder leerstehende Turnhallen. In Sigmaringen wird überlegt, ob die Menschen in einer Bundeswehrkaserne untergebracht werden können. In diesem Jahr werden rund 54 000 neu ankommende Flüchtlinge im Südwesten erwartet. Nach Innenminister Reinhold Gall (SPD) forderte auch CDU-Landtagsfraktionschef Guido Wolf eine Debatte über das Sachleistungsprinzip - sprich Kleidung statt Bargeld.

In der ersten Jahreshälfte stellten 22 050 Menschen in Baden-Württemberg erstmals einen Antrag auf Asyl, wie aus Angaben des Integrationsministeriums in Stuttgart hervorgeht. Zum Vergleich: Von Januar bis Juni 2014 suchten 8779 Menschen Zuflucht im Land. Nun sind es zweieinhalb Mal so viele.


Während Gall den Asylbewerbern mehr Sachleistungen statt Bargeld geben will, kann sich die CDU gar die Abschaffung der Geldzahlungen vorstellen. «Bereits im Januar 2015 hat die Europäische Kommission mit Blick auf die Flüchtlinge aus dem Westbalkan empfohlen, bei den finanziellen Leistungen restriktiver zu sein», sagte Wolf, Spitzenkandidat seiner Partei bei der Landtagswahl, am Donnerstag.


Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) hatte sich stets für Geld- statt Sachleistungen ausgesprochen und die Regeln im Südwesten während ihrer Amtszeit auch dahingehend geändert. Mit dem Bargeld können die Menschen selbst entscheiden, was sie haben wollen. Dies soll das Selbstbestimmungsrecht der Asylsuchenden und Geduldeten stärken. Die CDU argumentiert, Geld locke Wirtschaftsflüchtlinge nach Deutschland und nicht politisch Verfolgte.


Der aktuellsten Prognose zufolge erwartet Baden-Württemberg in diesem Jahr etwa 54 000 neue Flüchtlinge. Das wären mehr als doppelt so viele wie 2014. Die drei Erstaufnahmestellen im Land sind chronisch überfüllt, und auch die für die vorläufige Unterbringung zuständigen Stadt- und Landkreise klagen über die hohe Belastung. Daher hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zu einem zweiten Flüchtlingsgipfel im Land geladen, der noch im Juli stattfinden soll.


Mit gut einem Fünftel (rund 21 Prozent) aller Hilfesuchenden kam seit Jahresbeginn der größte Anteil aus dem Kosovo. In der Statistik folgen das Bürgerkriegsland Syrien (13 Prozent), Albanien (10 Prozent) und Gambia (9 Prozent). Genau 4909 Erstantragsteller zählten die Behörden im Juni. In den Vormonaten dieses Jahres hatte deren Zahl stets unter der 4000er-Marke gelegen. Im März waren es sogar nur 2932 Menschen.


Knapp 1000 der Erstantragsteller im Juni kamen aus Syrien, was einen Anstieg um 300 im Vergleich zum Mai bedeutet. Auch bei den Albanern waren es mit 641 deutlich mehr als im Vormonat (346). Hingegen verzeichneten die Behörden bei den Kosovaren einen klaren Rückgang von 209 auf nur noch 95. Im Februar hatte ihre Zahl noch bei mehr als 2000 gelegen. Wegen des starken Zugangs aus dem Balkanland hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in mehreren Bundesländern, darunter auch Baden-Württemberg, Asylanträge der Menschen von dort schneller bearbeitet. Diese werden in der Regel abgelehnt.


Der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl forderte abermals die Einstufung weiterer Balkanländer wie das Kosovo und Albanien als sichere Herkunftsstaaten und schnellere Asylverfahren. (DPA/LSW)